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Kritische, aber faire Analyse aus Anlegersicht – Zweite Windpark Abens-Nord GmbH & Co. KG (Jahresabschluss 2023)

geralt (CC0), Pixabay

1. Allgemeiner Eindruck und wirtschaftliche Einordnung

Die Zweite Windpark Abens-Nord GmbH & Co. KG präsentiert sich zum Bilanzstichtag 2023 als sehr solide finanziert – jedoch mit klaren Tendenzen zur Kapitalverzehrung. Auf den ersten Blick erscheint das Unternehmen mit einem Eigenkapitalanteil von gut 81 % (Vorjahr: rund 66 %) zwar stabil, doch der Vergleich zum Vorjahr offenbart einen nicht zu unterschätzenden Substanzverlust: Die Bilanzsumme ist von 3,39 Mio. EUR auf 2,37 Mio. EUR geschrumpft – ein Rückgang um fast eine Million Euro. Das Kapital schmilzt, auch wenn keine akute Überschuldung erkennbar ist.

2. Rückgang bei Aktiva: ein Warnsignal

Besonders kritisch aus Anlegersicht ist der Rückgang des Kassenbestands von rund 2,67 Mio. EUR auf 1,21 Mio. EUR – also über 1,46 Mio. EUR weniger liquide Mittel. Parallel dazu sank das Anlagevermögen um etwa 30 % auf nur noch knapp 64.000 EUR. Die Frage, die sich stellt: Warum wurde kein nennenswerter Teil dieser Liquidität produktiv reinvestiert? Gibt es technische Stillstände, Verzögerungen bei Projekten oder einfach keine lohnenden Investitionsziele?

Der starke Rückgang bei den Rückstellungen (von 757 TEUR auf 343 TEUR) trägt zur optischen Ergebnisverbesserung bei – doch auch hier stellt sich aus Sicht eines Anlegers die Frage: Wurden Rückstellungen bewusst reduziert, um ein stabileres Bild zu zeigen, oder sind die geschäftlichen Risiken tatsächlich geringer geworden?

3. Forderungszunahme – aber worauf?

Die Forderungen stiegen von rund 556 TEUR auf über 1,02 Mio. EUR – eine Zunahme von etwa 84 %. Darunter befinden sich 369 TEUR Forderungen gegenüber Gesellschaftern. Hier sollte für Anleger transparent gemacht werden, ob es sich um kurzfristige Abrechnungen oder längerfristige Einlagenersatzforderungen handelt. Diese Position birgt zumindest Unsicherheiten bezüglich der Fristigkeit und Einbringlichkeit.

4. Eigenkapitalentwicklung: hoher Mittelabfluss, sinkender Kapitalbestand

Das Eigenkapital sank um rund 320 TEUR – trotz eines bilanziellen „Nullgewinns“. Das lässt vermuten, dass Mittel aus dem Unternehmen entnommen wurden oder durch Verluste abgeschmolzen sind, ohne in der Bilanz direkt sichtbar zu sein. Wurden Entnahmen vorgenommen, obwohl keine laufenden Erträge verbucht wurden? Aus Sicht eines vorsichtigen Anlegers sollte hier größte Transparenz herrschen.

5. Verbindlichkeiten: kurzfristig und überschaubar

Die Verbindlichkeiten wurden um fast 75 % reduziert (von knapp 400 TEUR auf rund 106 TEUR), was auf eine entschlossene Tilgung oder eine bewusste Entschuldungsstrategie hindeuten könnte. Die Gesellschaft ist praktisch schuldenfrei, langfristige Verpflichtungen bestehen nicht – das spricht grundsätzlich für Stabilität.

6. Keine Mitarbeitenden – operative Auslagerung?

Wie bei vielen Windparkgesellschaften ist der operative Betrieb offenbar vollständig ausgelagert. Die Gesellschaft hat laut Anhang keinen einzigen Mitarbeitenden. Auch wenn das bei Projektgesellschaften nicht unüblich ist, stellt sich für Anleger die Frage nach der laufenden Steuerung, Kontrolle und Qualitätssicherung – vor allem in Hinblick auf Wartung, Betrieb und Vermarktung der Energie.

7. Bewertung aus Anlegersicht – Stärken und Schwächen

Positiv:

Solide Eigenkapitalquote (über 80 %)

Keine langfristigen Verbindlichkeiten

Deutlicher Abbau von Schulden

Einfache, transparente Bilanzstruktur

Kritisch zu sehen:

Erheblicher Rückgang der liquiden Mittel

Kein klar erkennbares betriebliches Ergebnis oder Geschäftserfolg

Forderungen gegenüber Gesellschaftern mit unklarer Bewertung

Keine Angabe zur Stromproduktion, technischen Verfügbarkeit oder Umsatzerlösen

Rückstellungen deutlich reduziert – mögliche Verschiebung von Aufwänden?

Anlagevermögen sehr niedrig – wo ist das wirtschaftliche Fundament des Windparks?

Fazit: Für Anleger wirkt das Unternehmen zwar strukturell solide und risikoarm im klassischen Sinn – es gibt weder hohe Schulden noch versteckte Risiken im bilanziellen Sinne. Aber es fehlt Transparenz über den operativen Betrieb, die Stromerträge, Umsätze und die geplante Strategie. Vor allem der Mittelabfluss bei gleichzeitigem Rückgang des Eigenkapitals sollte genauer hinterfragt werden. Wenn diese Entwicklung anhält, droht langfristig eine Substanzentwertung – und damit ein Risiko für Auszahlungen an die Kommanditisten.

Empfehlung für Anleger:
Regelmäßige Berichtspflicht zur Stromproduktion, Verfügbarkeit, Erlösentwicklung und Investitionsstrategie wäre wünschenswert. Der Jahresabschluss 2023 bietet zwar keine direkten Alarmsignale, aber auch wenig Substanz für echte Renditeperspektiven. Wer bereits beteiligt ist, sollte genau beobachten, wie sich das operative Geschäft entwickelt – und ob der Rückgang der Mittel künftig gestoppt oder sogar umgekehrt werden kann.

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