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Interview mit Rechtsanwältin Bontschev zur außerordentlichen Hauptversammlung der PARTENUM Energie AG

popmelon (CC0), Pixabay

Frau Bontschev, die PARTENUM Energie AG lädt ihre Aktionäre für den 16. Mai 2025 zu einer außerordentlichen Hauptversammlung ein. Im Mittelpunkt steht die Wahl eines neuen Aufsichtsratsmitglieds. Was bedeutet das für die Anteilseigner – und welche juristischen Aspekte sind hier relevant?

Bontschev: Der Anlass ist in diesem Fall sehr konkret: Der Tod des bisherigen Aufsichtsratsvorsitzenden macht eine Nachwahl notwendig. Das ist ein rein formaler Vorgang, aber dennoch bedeutsam, denn der Aufsichtsrat spielt in der AG eine zentrale Kontrollfunktion gegenüber dem Vorstand. Die Aktionäre erhalten nun die Möglichkeit, Einfluss auf die zukünftige Zusammensetzung dieses Gremiums zu nehmen – auch wenn in diesem Fall nur ein einzelner Kandidat vorgeschlagen wird.

Der einzige Kandidat ist Herr Philip Hahn. Ist es rechtlich unproblematisch, wenn nur ein Wahlvorschlag vorliegt?

Bontschev: Das ist durchaus zulässig. Es gibt keine gesetzliche Verpflichtung zu mehreren Vorschlägen. Allerdings zeigt das auch: Der Aufsichtsrat und Vorstand bündeln hier ihren Einfluss auf die Nachbesetzung. Aktionäre könnten jedoch mit Gegenanträgen nach § 127 AktG reagieren – wobei solche Vorschläge realistisch betrachtet kaum Erfolg haben, wenn sie nicht gut vorbereitet sind und keine Unterstützung im Aktionärskreis finden.

Die Hauptversammlung findet am Sitz der Gesellschaft statt, was bedeutet das praktisch für die Aktionäre?

Bontschev: Es handelt sich um eine physische Präsenzversammlung. Aktionäre müssen sich spätestens bis zum 15. Mai schriftlich oder per Fax anmelden – das ist eine Formalie, die unbedingt beachtet werden sollte. Wer diese Frist versäumt oder keinen gültigen Nachweis über seine Aktionärsstellung zum 15. Mai, 24 Uhr, vorlegt, ist nicht stimmberechtigt. Wichtig: Auch eine spätere Aktienübertragung bringt dann keine Teilnahmeberechtigung mehr mit sich.

Viele Aktionäre agieren heute über elektronische Plattformen. Welche Rolle spielt hier der „Nachweisstichtag“?

Bontschev: Der Nachweisstichtag, auch Record Date genannt, ist entscheidend: Wer an diesem Tag um 24 Uhr im Aktienbuch steht oder einen Nachweis erbracht hat, ist stimmberechtigt – unabhängig davon, ob die Aktie danach verkauft wird. Andersherum gilt: Wer nach diesem Stichtag kauft, kann in dieser Hauptversammlung kein Stimmrecht ausüben. Das ist rechtlich absolut korrekt und soll verhindern, dass kurzfristige Erwerber die Beschlusslage der Gesellschaft beeinflussen.

Was bedeutet das für die Machtverhältnisse in der Hauptversammlung?

Bontschev: Wenn eine AG wie PARTENUM ihre Aktien nicht im Streubesitz hat, sondern in festen Händen liegt – etwa bei Gründern, Familienaktionären oder institutionellen Investoren – kann eine solche Versammlung durchaus strategische Bedeutung haben. Die Neubesetzung des Aufsichtsrats ist ein wichtiger Hebel für Einflussnahme. Aktionäre mit Minderheiten sollten also aufmerksam prüfen, ob sie ihre Rechte wahrnehmen und gegebenenfalls durch Bevollmächtigte ausüben wollen.

Was ist mit Anträgen zu weiteren Tagesordnungspunkten – etwa Ergänzungen oder Gegenanträgen?

Bontschev: Die Aktionäre haben nach §§ 126, 127 AktG das Recht, Anträge zu stellen. Allerdings müssen diese fristgerecht und formal korrekt bei der Gesellschaft eingehen – im Fall der PARTENUM Energie AG spätestens am 16. Mai um 24 Uhr. Das bedeutet de facto, dass Anträge am Tag der Hauptversammlung nicht mehr berücksichtigt werden, es sei denn, die Satzung erlaubt das ausdrücklich. Die Hauptversammlung selbst kann nur über bereits bekannt gemachte Punkte entscheiden.

Wie bewerten Sie das Gesamtbild dieser Einladung aus Sicht von Kleinaktionären?

Bontschev: Es ist eine formal sauber organisierte Hauptversammlung mit einem klar begrenzten Thema. Für Kleinaktionäre ist wichtig: Wer teilhaben will, muss seine Fristen kennen und gegebenenfalls eine Vollmacht ausstellen. Gerade bei nicht börsennotierten Aktiengesellschaften wie der PARTENUM AG ist die Kontrolle über den Aufsichtsrat ein sensibler Punkt – denn hier entscheidet sich, ob die Interessen aller Aktionäre oder nur bestimmter Gruppen vertreten werden.

Frau Bontschev, vielen Dank für Ihre Einschätzung.

Bontschev: Sehr gerne. Ich kann Aktionären nur empfehlen: Nehmen Sie Ihre Rechte ernst – besonders dann, wenn die Gremien der Gesellschaft neu besetzt werden.

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