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BGH-Urteil zum Notwegrecht: Auch das Parken auf dem Nachbargrundstück ist erlaubt

GLady (CC0), Pixabay

Karlsruhe, 07. April 2025 – In einem richtungsweisenden Urteil hat der Bundesgerichtshof (Az. V ZR 79/24) entschieden, dass das sogenannte Notwegrecht nach § 917 BGB nicht nur die Zufahrt über ein Nachbargrundstück erlaubt, sondern auch das Abstellen eines Fahrzeugs – zumindest soweit dies für die Nutzung des eigenen Hauses erforderlich ist.

Hintergrund des Falls
Im konkreten Fall hatte ein Hauseigentümer sein Grundstück nicht unmittelbar an einer öffentlichen Straße gelegen. Die einzige Zufahrtsmöglichkeit führte über das benachbarte Grundstück. Dieses diente ihm über Jahre hinweg nicht nur als Weg, sondern auch als gelegentlicher Abstellplatz für sein Fahrzeug – etwa zum Be- und Entladen oder um das Auto vorübergehend dort zu parken. Der Nachbar, Eigentümer des genutzten Zufahrtsgrundstücks, hatte dies untersagt und auf Unterlassung geklagt.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs
Die Karlsruher Richter stellten nun klar: Das sogenannte Notwegrecht gemäß § 917 BGB umfasst auch das Recht, ein Fahrzeug kurzzeitig abzustellen – etwa, um den Zugang zum Haus zu ermöglichen oder dort zu wohnen, wo keine andere realistische Parkmöglichkeit besteht. Der Zweck des Gesetzes sei es, einem Eigentümer die ordnungsgemäße Nutzung seines Grundstücks zu ermöglichen – und dazu könne in Zeiten flächendeckender Mobilität auch das Parken gehören.

Der BGH betonte in seiner Urteilsbegründung, dass es nicht darauf ankomme, aus welchem konkreten Anlass jemand mit dem Auto zu seinem Haus fährt – etwa zum Einkaufen, Arztbesuch oder zur Arbeit. Entscheidend sei allein, dass der Grundstückseigentümer das Grundstück in einer Weise nutzen wolle, die eine Zufahrt und ein Abstellen des Fahrzeugs notwendig mache. Das Recht beschränke sich aber auf das „erforderliche Maß“ – ein Dauerparkrecht oder eine gewerbliche Nutzung seien davon nicht gedeckt.

Bedeutung für die Praxis
Das Urteil schafft Rechtssicherheit für eine Vielzahl von Eigentümern, deren Grundstücke keinen direkten Anschluss an eine öffentliche Straße haben – ein Problem, das insbesondere im ländlichen Raum oder bei verwinkelten Altbauten häufiger vorkommt. Auch wenn in der Vergangenheit Zufahrtsrechte eingeräumt wurden, war das Abstellen von Fahrzeugen bisher häufig rechtlich umstritten und Anlass für Nachbarschaftsstreitigkeiten.

Rechtsanwälte gehen davon aus, dass das Urteil künftig als Maßstab für ähnliche Streitfälle dienen wird. Es verdeutlicht zugleich, dass das Notwegrecht ein Ausgleich für eine faktische Zwangslage ist – aber nicht zur Ausnutzung des Nachbargrundstücks führen darf. Eine „Parkplatzfunktion auf Dauer“ sei nicht intendiert, wohl aber ein kurzer Aufenthalt, um den Zugang zum eigenen Haus praktikabel zu gestalten.

Einordnung im rechtlichen Kontext
§ 917 BGB regelt das Notwegrecht für Grundstücke, die keinen ausreichenden Zugang zu einer öffentlichen Straße haben. Der Eigentümer eines solchen Grundstücks kann verlangen, dass ihm der Nachbar ein Wegerecht einräumt – gegen Zahlung einer angemessenen Entschädigung. Neu am BGH-Urteil ist, dass dieses Wegerecht nun ausdrücklich auch das Parken einbezieht, wenn es der Nutzbarkeit des Grundstücks dient.

Für Eigentümer beider Seiten – also sowohl Nutzer als auch Belastete – ist das Urteil ein Appell zur Zumutbarkeit und gegenseitigen Rücksichtnahme. Es macht deutlich: Eigentum verpflichtet – und das gilt auch im Straßenverkehr vor der eigenen Haustür.

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