In rund 40 Städten Spaniens haben am Samstag Zehntausende Menschen gegen die zunehmende Wohnungsnot demonstriert. Unter dem Motto „Machen wir dem Geschäft mit dem Wohnraum ein Ende“ forderten Mieterorganisationen, Gewerkschaften und Bürgerinnen und Bürger Maßnahmen gegen steigende Mieten, Immobilienspekulation und die Verdrängung von Wohnraum durch Ferienvermietung.
Die Proteste fanden unter anderem in Madrid, Barcelona, Valencia, Palma de Mallorca und Málaga statt – Städten, in denen die Folgen des Massentourismus besonders spürbar sind. Laut Immobilienportal Fotocasa sind die Mieten auf den Balearen in den letzten zehn Jahren um 158 Prozent gestiegen. Auch in anderen beliebten Urlaubsregionen verdrängen lukrative Ferienwohnungen zunehmend regulären Wohnraum.
Wohnraum wird zur Existenzfrage
Wie das spanische Statistikamt INE berichtet, wurden im Jahr 2024 lediglich 100.000 neue Wohnungen fertiggestellt – bei einer Zunahme von 330.000 Haushalten. Die Schere zwischen Angebot und Nachfrage verschärft sich. Das Beratungsunternehmen Atlas schätzt, dass 3,5 Millionen zusätzliche Wohnungen nötig wären, um bezahlbares Wohnen sicherzustellen.
Immer mehr Menschen müssen inzwischen über 50 Prozent ihres Einkommens für Miete aufbringen. In Madrid hielten Demonstrierende Plakate mit Aufschriften wie „Die Wohnungsnot ist nicht mehr zu ertragen“ in die Höhe. Einzelne Sprecher bei den Demos riefen sogar zu zivilem Ungehorsam auf – etwa zum Nichtzahlen von Mieten oder Besetzen von Ferienwohnungen.
Regierung unter Druck
Die spanische Regierung unter Ministerpräsident Pedro Sánchez hat Maßnahmen angekündigt, um der Krise entgegenzuwirken. Darunter:
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eine mögliche Immobiliensteuer von bis zu 100 Prozent auf Käufe durch Nicht-EU-Bürger,
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höhere Steuern auf Ferienvermietungen,
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die Übertragung von über 3.000 Wohnungen in öffentliches Eigentum,
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Programme zur Sanierung leerstehender Gebäude,
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sowie öffentliche Garantien für erschwingliche Mieten.
Sánchez warnte, Spanien dürfe sich nicht in eine Zweiklassengesellschaft aus reichen Vermietern und armen Mietern verwandeln. Die Immobilienpreise seien in den letzten zehn Jahren um 48 Prozent gestiegen – ein Trend, der auch durch ausländische Käufer aus den USA, Mexiko, Venezuela und Großbritannien befeuert werde.
Zweifel an der Wirksamkeit der Maßnahmen
Branchenexperten wie Antonio de la Fuente von der Immobiliengruppe Colliers äußerten jedoch Zweifel an der Effektivität der Vorschläge. Die geplante Steuer auf ausländische Käufer sei angesichts der Gesamtzahl an Transaktionen – etwa 27.000 Käufe pro Jahr durch Nicht-EU-Bürger – nur ein Tropfen auf den heißen Stein.
Die spanische Wohnungsmarktkrise ist Teil einer größeren, europäischen Entwicklung. Auch in anderen Ländern wächst die Sorge über steigende Mieten, knappen Wohnraum und soziale Spaltung. In Spanien jedoch entlädt sich der Unmut nun zunehmend lautstark auf der Straße – getragen von Menschen, die sich ihr Zuhause schlicht nicht mehr leisten können.