Trotz einer zwischenzeitlichen Entspannung an den internationalen Energiemärkten müssen private Haushalte in Deutschland weiterhin mit steigenden Kosten für Gas und Strom rechnen. Wie das Statistische Bundesamt mitteilt, sind die Gaspreise für Verbraucher im zweiten Halbjahr 2024 gegenüber dem ersten Halbjahr um durchschnittlich 3,5 Prozent gestiegen. Im Vergleich zum zweiten Halbjahr 2021 – also vor dem russischen Angriff auf die Ukraine – liegt der Preisanstieg sogar bei dramatischen 79,8 Prozent.
Auch beim Strom ist keine echte Entlastung in Sicht: Zwar fiel der Anstieg mit nur 0,4 Prozent im gleichen Zeitraum vergleichsweise gering aus, doch das Preisniveau bleibt hoch – insbesondere im Hinblick auf die Jahre vor der Energiekrise.
Energie bleibt sozialer Zündstoff – Warnung vor zunehmender Belastung einkommensschwacher Haushalte
Verbraucherschützer und Sozialverbände warnen angesichts der Zahlen vor einer weiteren sozialen Spaltung. Energiearmut sei längst kein Randphänomen mehr, sondern bedrohe zunehmend auch die Mittelschicht. „Die steigenden Energiekosten bringen viele Haushalte an ihre finanziellen Grenzen – und das in einem wirtschaftlich ohnehin angespannten Umfeld“, betont ein Sprecher des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv).
Laut vzbv sind transparente Preisgestaltungen, gezielte Entlastungen sowie eine strenge Kontrolle möglicher überhöhter Margen bei Energieversorgern zentrale Schritte, um die Situation in den Griff zu bekommen. Es gebe immer noch zahlreiche Fälle, in denen Preissteigerungen nicht mit tatsächlichen Kostensteigerungen begründet seien.
Angebot an Hilfsprogrammen oft unübersichtlich – Zugang zu Unterstützung bleibt lückenhaft
Zwar wurden in den vergangenen zwei Jahren staatliche Entlastungspakete beschlossen – etwa durch die Abschaffung der EEG-Umlage oder durch Einmalzahlungen – doch Verbraucherschützer kritisieren, dass diese Hilfen oft nicht zielgerichtet genug sind. Besonders für Rentner, Alleinerziehende und Erwerbslose fehle es an niedrigschwelligen Zugängen zu Unterstützung.
Zudem seien viele Förderprogramme wie Heizkostenzuschüsse, Sozialtarife oder Energieberatung schwer verständlich oder mit bürokratischen Hürden verbunden. Hier bestehe dringender Nachbesserungsbedarf, so der Tenor aus den Verbraucherzentralen.
Langfristige Lösungen: Effizienz, Transparenz und erneuerbare Energien
Neben kurzfristigen Hilfen plädieren Verbraucherschützer für strukturelle Reformen: Dazu gehören gesetzlich geregelte Preisobergrenzen in bestimmten Versorgungssegmenten, mehr Wettbewerb im Energiemarkt, Investitionen in die energetische Sanierung von Wohnraum sowie der massive Ausbau erneuerbarer Energien, um die Preissensibilität fossiler Rohstoffe langfristig zu entschärfen.
Ein weiterer Baustein sei die Verbraucherbildung: Bürgerinnen und Bürger müssten befähigt werden, Energie effizient zu nutzen, Tarife zu vergleichen und Rechte gegenüber Versorgern geltend zu machen – auch mit rechtlicher Unterstützung.
Fazit: Belastung bleibt – politischer Handlungsdruck wächst
Die aktuellen Zahlen zeigen: Für viele Menschen ist die Energiekrise noch lange nicht vorbei, auch wenn die Märkte sich oberflächlich beruhigt haben. Die Kombination aus gestiegenen Preisen, stagnierenden Einkommen und sozial unausgewogenen Entlastungen droht, das Vertrauen in die Energie- und Sozialpolitik weiter zu schwächen.
Verbraucherschützer mahnen daher: Es reicht nicht, auf Marktmechanismen zu hoffen – es braucht gezielte politische Maßnahmen, konsequente Aufsicht und eine verbrauchernahe Energiewende, die nicht nur ökologisch, sondern auch sozial tragfähig ist.