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Sondervermögen – Berlins elegante Art, Schulden in Abendgarderobe zu verpacken

Ralf1403 (CC0), Pixabay

Kaum laufen die Koalitionsgespräche, da wird in Berlin wieder einmal das Lieblingswort der Haushaltspoetik hervorgezaubert: Sondervermögen. Klingt nach Goldbarren im Keller oder geheimem Schatz in der Reichstagskuppel – ist aber in Wirklichkeit: Schulden. Und zwar ordentlich viele davon. Doch keine Sorge, das ist juristisch in Ordnung. Schließlich stammt der Begriff aus dem Haushaltsrecht. Und was dort einmal steht, ist ungefähr so unangreifbar wie ein Berliner Flughafenplan.

Aktuell gibt es 29 dieser magischen Schulden-Schubladen. Mit dem neuen „Sondervermögen Infrastruktur“ wird man also die glorreiche Dreißig vollmachen. Ein runder Geburtstag der Haushaltstrickserei. Anlass: mal wieder Krise. Anlass ist ja irgendwie immer.

Was steckt dahinter? Ganz einfach: Wenn man Schulden nicht im normalen Haushalt machen darf, macht man sie eben daneben. Clever, oder? Diese sogenannten Schattenhaushalte (klingt irgendwie düsterer, realistischer) haben jeweils einen „klaren Zweck“ – zum Beispiel Weltrettung (Klima- und Transformationsfonds) oder Weltuntergangs-Verhinderung (Sondervermögen Bundeswehr).

Doch Kritiker murren. Angeblich seien solche Vermögen manchmal eher Wahlkampftöpfe mit Camouflage. Man fürchtet Verschiebebahnhöfe, bei denen Investitionen für die Zukunft plötzlich Rentenpunkte aus der Vergangenheit finanzieren. Die Grünen haben immerhin durchgesetzt, dass das neue Infrastruktur-Sonderding nicht zum Stopfen von Haushaltslöchern benutzt werden darf. Nur zum Graben neuer, versteht sich.

Auch die Schuldenbremse wird bei dieser Gelegenheit elegant umkurvt. Man schafft halt einen Extrafonds mit Sonderstatus – quasi der Diplomatenpass für Schulden. So bleibt die Schuldenbremse offiziell unangetastet, aber praktisch überfahren.

Zurückgezahlt wird das Ganze? Naja – vielleicht. Irgendwann. Vielleicht auch nie. Warum auch? Solange das BIP schneller wächst als der Schuldenberg, kann man doch einfach weiter tanzen. Hauptsache, der Begriff bleibt schön: Sondervermögen. Fast so charmant wie ein Überziehungsrahmen mit Samtbezug.

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