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Insolvenz mangels Masse bei DEGAG: Was das für Anleger, Vertrieb & Vorstände bedeutet – einfach erklärt

Pixoman (CC0), Pixabay

Was heißt „Insolvenz mangels Masse“ überhaupt?

Wenn ein Unternehmen pleitegeht, kann es ein Insolvenzverfahren geben. Dann wird geprüft, ob noch Vermögen da ist, mit dem man wenigstens die Kosten für das Verfahren bezahlen kann – also etwa den Insolvenzverwalter, das Gericht und die grundlegende Verwaltung.

Aber: Wenn wirklich gar nichts mehr da ist, also nicht einmal genug Geld, um das Verfahren selbst zu finanzieren, wird das Verfahren abgelehnt – wegen „mangelnder Masse“. Das steht im Gesetz, § 26 der Insolvenzordnung (InsO).

Dann passiert Folgendes:

  • Kein Insolvenzverfahren wird eröffnet.
  • Es wird kein Insolvenzverwalter eingesetzt.
  • Niemand kann Forderungen anmelden.
  • Die Firma wird meist aus dem Handelsregister gelöscht.

Was bedeutet das im Fall DEGAG für Anleger?

Für die über 4.000 Anleger der DEGAG wäre eine solche Entscheidung ein schwerer Schlag:

❌ Es gibt kein Geld mehr zurück.
❌ Kein Insolvenzverwalter versucht, Geld zu retten oder Vermögen zu finden.
❌ Es wird nichts ausgeschüttet – Totalverlust.

✅ Ein kleiner Trost: Sollte sich später herausstellen, dass die DEGAG wie ein Schneeballsystem gearbeitet hat, könnten Anleger nicht von einem Insolvenzverwalter zur Rückzahlung von erhaltenen Auszahlungen aufgefordert werden – denn es gibt keinen.


1. Für den Vertrieb: Erleichterung – aber neues Risiko

Alle Vermittler, Berater und Vertriebe, die DEGAG-Produkte an Anleger verkauft haben, atmen vielleicht kurz auf – denn:

Es gibt keine Rückforderung der Provisionen durch einen Insolvenzverwalter.

Aber:

Anleger könnten den Vertrieb jetzt direkt verklagen.
Und zwar zivilrechtlich – wegen Falschberatung, mangelhafter Aufklärung oder sogar bewusster Täuschung.

Wenn sich herausstellt, dass es ein Schneeballsystem war, könnte es für Berater noch schlimmer werden. Dann könnten Anleger sogar wegen Betrugs (§ 263 StGB) oder sittenwidriger Schädigung (§ 826 BGB) klagen – wenn der Vertrieb davon wusste oder hätte wissen müssen.

🔍 Unser Eindruck: Wenn aus den DEGAG-Gesellschaften kein Geld mehr zu holen ist, werden sich viele Anleger an den Vertrieb wenden – die Gefahr für Klagen steigt.


2. Für Vorstände und Aufsichtsrat: Im Visier der Anleger

Auch wenn kein Insolvenzverfahren läuft, bedeutet das nicht, dass der Vorstand oder Aufsichtsrat der DEGAG sicher ist.

❌ Anleger können sie zivilrechtlich verklagen, z. B. wegen Pflichtverletzung oder Täuschung.

Normalerweise hätte ein Insolvenzverwalter solche Ansprüche gesammelt geltend gemacht. Jetzt müssen es die Anleger oder ihre Anwälte selbst tun – das ist mühsam, teuer und schwierig. Aber nicht unmöglich.

Mögliche rechtliche Grundlagen:

  • § 93 AktG (Haftung von Vorständen einer AG)
  • § 43 GmbHG (Haftung bei GmbHs)
  • § 826 BGB oder § 823 BGB bei Täuschung oder grober Fahrlässigkeit

Was bedeutet das für den Insolvenzverwalter?

Paradox, aber wahr: Für einen Insolvenzverwalter ist es bequemer, wenn das Verfahren abgelehnt wird.

✔️ Er muss sich nicht mit tausenden Anlegern beschäftigen.
✔️ Er muss keine Auszahlungen zurückfordern.
✔️ Er konzentriert sich nur auf Gesellschaften mit Vermögen („bEVOs“ – z. B. Immobilienfirmen).
✔️ Er spart sich sehr viel Arbeit – bekommt aber trotzdem für seine Arbeit bezahlt.

💼 Ein „schlankes Verfahren“, das wenig Aufwand bedeutet – für den Insolvenzverwalter ideal.


Gesetzliche Grundlage: § 26 Insolvenzordnung (InsO)

Der Paragraph sagt ganz klar:

Ist das Vermögen des Schuldners nicht ausreichend, um die Kosten des Verfahrens zu decken, lehnt das Gericht den Antrag ab.

Das Gericht prüft also, ob überhaupt genug da ist – wenn nein, ist Schluss. Nur wenn ein Gläubiger die Verfahrenskosten aus eigener Tasche vorstreckt, könnte das Verfahren doch noch eröffnet werden. Aber bei 4.000 betroffenen Anlegern ist das eher unrealistisch.


🔚 Fazit: „Insolvenz mangels Masse“ – ein juristisches Erdbeben bei DEGAG

  • ❌ Anleger verlieren wohl endgültig ihr Geld.
  • ✅ Aber sie müssen keine Rückforderungen befürchten.
  • ❌ Dafür steigt das Risiko, dass sie den Vertrieb verklagen.
  • ❌ Auch der DEGAG-Vorstand könnte juristisch ins Visier geraten.
  • ✅ Der Insolvenzverwalter hat’s leicht – kümmert sich nur noch um Vermögensgesellschaften.

Für Anleger bedeutet das: Der Kampf ums eigene Geld ist nicht vorbei – aber er wird jetzt noch komplizierter, individueller und oft auch teurer.


📌 Wichtig: Das ist keine Rechtsberatung. Wer betroffen ist, sollte sich an eine auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Kanzlei wenden – am besten gemeinsam mit anderen Anlegern.

Gemeinsam klagen, heißt: Gemeinsam stärker.

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