Neue maritime Technologien Chinas sorgen bei Verteidigungsexperten weltweit für Unruhe – besonders im Hinblick auf ihre mögliche militärische Nutzung bei einer Invasion Taiwans. Zwei Entwicklungen stechen dabei besonders hervor: riesige, miteinander verbundene Landungsplattformen an Chinas Südküste und ein neu entwickelter Tiefsee-Kabelschneider, der Kommunikationsverbindungen in bis zu 4.000 Metern Tiefe durchtrennen kann.
Neue Landungsplattformen nahe Zhanjiang
Satellitenbilder vom 24. März zeigen drei gewaltige Lastkähne, die bei der Hafenstadt Zhanjiang in der Provinz Guangdong zu einer Art schwimmender Pier verbunden sind. Die Konstruktion erstreckt sich über 800 Meter ins Meer und wurde von Verteidigungsexperten als eine erhebliche Erweiterung der amphibischen Fähigkeiten der Volksbefreiungsarmee (PLA) bewertet.
„Diese Plattformen könnten nach der Sicherung eines Landungsgebiets innerhalb kurzer Zeit Hunderte von Fahrzeugen pro Stunde an Land bringen“, erklärte J. Michael Dahm, ein ehemaliger Geheimdienstoffizier der US-Marine. Auch Thomas Shugart, früherer US-U-Boot-Offizier, sieht darin ein Novum: „So etwas gibt es im Westen nicht.“
Taiwans Verteidigungsministerium bestätigte, dass es sich um ausfahrbare Rampen handelt, die zur schnellen Entladung von Panzern und Militärfahrzeugen bei amphibischen Operationen dienen könnten.
Strategischer Nutzen – trotz Verletzlichkeit
Die Plattformen, so glauben Experten, wären vermutlich Teil einer zweiten Welle in einem Invasionsszenario – sie sind zu langsam und zu ungeschützt für ein direktes Gefecht. Doch nach Sicherstellung der Luft- und Seeüberlegenheit könnten sie eine entscheidende Rolle beim Nachschub und bei der Landung schwerer Ausrüstung spielen.
Einige Vergleiche ziehen bereits Parallelen zu den „Mulberry-Häfen“ der Alliierten im Zweiten Weltkrieg, die für die Invasion in der Normandie verwendet wurden.
Tiefsee-Kabelschneider als taktisches Werkzeug?
Zusätzlich wurde eine neue chinesische Technologie zur Durchtrennung von Unterseekabeln bekannt, veröffentlicht in der Fachzeitschrift Mechanical Engineer. Das Gerät soll Kabel in Tiefen bis zu 4.000 Metern kappen können – fast doppelt so tief wie aktuelle Seekabel verlegt sind.
Collin Koh vom Rajaratnam-Institut in Singapur betont, dass solche Werkzeuge grundsätzlich für Wartungsarbeiten gedacht sind. In der aktuellen geopolitischen Lage jedoch werfen jüngste Zwischenfälle – wie mysteriöse Kabelschäden rund um Taiwan – ein anderes Licht auf diese Entwicklung.
Im Ernstfall könnte ein solcher Kabelschneider Taiwans Kommunikation mit der Außenwelt stören – einschließlich militärischer Verbindungen zu den USA und anderen Verbündeten.
Dual-Use-Strategien mit RO-RO-Fähren
Neuere Satellitenaufnahmen zeigen zudem, wie Roll-On/Roll-Off-Fähren (RO-RO) an die Plattformen andocken – ein Hinweis auf mögliche Tests zur Integration ziviler Frachtschiffe in militärische Operationen. Diese Fähren, die eigentlich für den Export chinesischer Elektrofahrzeuge gebaut wurden, könnten so zur raschen Verlegung von Truppen und Fahrzeugen genutzt werden.
Chinas Staatsmedien haben bereits 2021 in einem Militärmanöver den Nutzen dieser Schiffe für großflächige Verlegungen hervorgehoben.
Xi Jinpings Frist bis 2027
Die USA gehen davon aus, dass Chinas Präsident Xi Jinping die PLA beauftragt hat, bis 2027 für eine mögliche Invasion Taiwans bereit zu sein – auch wenn dies kein konkreter Invasionsplan ist.
„Diese Plattformen sind ein sichtbares Zeichen unter vielen, dass die chinesische Armee sich auf mögliche Befehle vorbereitet“, sagte Dahm. In Verbindung mit anderen militärischen Modernisierungen lasse sich erkennen, dass China seine Fähigkeiten für ein solches Szenario gezielt ausbaut.