Es klingt wie ein Spionage-Thriller, ist aber reale philippinische Provinzpolitik: Alice Guo, 31 Jahre alt, einst gefeierte Bürgermeisterin der Stadt Bamban nördlich von Manila, sitzt mittlerweile in Untersuchungshaft. Der Vorwurf: Menschenhandel, Betrug – und sogar Spionage für China.
Vom rosa Helikopter zum rosa Rathaus
Im Jahr 2022 wurde Guo als politisches Wunderkind gefeiert. In einem rosa Hemd landete sie mit dem Hubschrauber zur Wahlkampfveranstaltung, versprach Wirtschaftswachstum, Jobs für Frauen, Stipendien für Kinder – und wurde zur ersten Bürgermeisterin von Bamban gewählt. Ihr Markenzeichen: Freundlichkeit, Farbenfreude, Nähe zum Volk. Sie ließ das Rathaus rosa streichen, organisierte Paraden und Festivals – und galt als Hoffnungsträgerin.
Der Skandal beginnt – direkt neben dem Rathaus
Im März 2024 durchsuchte die Polizei ein Firmengelände direkt neben dem Rathaus – nur wenige Schritte von Guos Büro entfernt. Was sie fanden: einen der größten Scam-Hubs Südostasiens mit 36 Gebäuden auf über 8 Hektar. Über 300 ausländische Zwangsarbeiter, gefälschte Identitäten, Foltermethoden – und die Spur führte zur Bürgermeisterin selbst.
Die Firma „Zun Yuan“ war auf Guos Grund errichtet, hatte ihre Genehmigung und tauchte sogar auf ihrer Stromrechnung auf. Die Firma tarnte sich als legales Online-Gaming-Unternehmen, betrieb aber „Pig-Butchering“-Betrugsmaschen: Liebes- oder Krypto-Tricks mit dem Ziel, internationale Opfer systematisch um ihr Vermögen zu bringen.
Plötzlich: „Amnesia Girl“
Vor dem philippinischen Senat stotterte Guo plötzlich: Sie könne sich nicht erinnern, wo sie geboren wurde. Ihre Aussagen wirkten ausweichend, widersprüchlich – die Öffentlichkeit taufte sie spöttisch „My Amnesia Girl“. Dann wurde bekannt: Ihre Fingerabdrücke stimmten mit einer Person überein, die Anfang der 2000er aus China eingewandert war. Fortan stand der Verdacht im Raum, sie sei eine Spionin der chinesischen Regierung.
Flucht, Verhaftung, Prozess
Trotz Reiseverbot setzte sich Guo 2024 kurzzeitig nach Indonesien ab, wurde später ausgeliefert. Inzwischen laufen sechs Strafverfahren gegen sie, darunter wegen Menschenhandel und Urkundenfälschung. Spionage ist juristisch nicht bewiesen – politisch aber ein Dauerthema, denn der Fall berührt die wachsenden Spannungen zwischen China und den USA, bei denen die Philippinen zwischen die Fronten geraten.
Und die Menschen in Bamban?
Viele in ihrer Heimatstadt bleiben ihr treu. Für sie zählt weniger die Herkunft – sondern dass sie Jobs, Hilfe und Investitionen gebracht habe. „Ob sie Chinesin ist, interessiert uns nicht – sie hat uns geholfen,“ sagt ein Unterstützer. Andere verweisen auf undurchsichtige Geldflüsse und mafiöse Verbindungen hinter ihrem Aufstieg.
Fazit:
Alice Guo ist zur Symbolfigur geworden – für die Verwundbarkeit lokaler Politik, für die Verflechtung von organisierter Kriminalität und internationalem Einfluss, und für eine Gesellschaft, die nicht weiß, ob sie betrogen wurde – oder einfach nur einen Fehler gewählt hat.