Der Mount Everest – ein Symbol für Abenteuer und menschlichen Ehrgeiz. Doch für die Sherpas, die alljährlich die gefährlichsten Routen sichern, bedeutet der Berg harte Arbeit, lebensgefährliche Einsätze und ein oft riskantes Einkommen. In diesem Jahr könnte sich für sie jedoch einiges ändern: Zum ersten Mal werden Drohnen eingesetzt, um den berüchtigten Khumbu-Eisbruch zu erkunden und Material zu transportieren.
Die Hoffnung: Mehr Sicherheit, mehr Effizienz – aber nicht alle sind begeistert. Kritiker warnen vor einer existenziellen Bedrohung für die Sherpa-Gemeinschaft.
Gefährliche Arbeit in eisigen Höhen – jetzt mit Drohnenunterstützung
Die Hauptsaison für Everest-Besteigungen ist kurz: Im April und Mai kämpfen Bergsteiger aus aller Welt um den Aufstieg auf das Dach der Welt. Doch bevor sie ihre Expeditionen starten können, sind es die „Ice Fall Doctors“, eine Gruppe erfahrener Sherpas, die die Route durch den tödlichen Khumbu-Eisbruch sichern.
Dieser Abschnitt des Everest ist einer der gefährlichsten: Das Eis bewegt sich bis zu einem Meter pro Tag, riesige Türme können jederzeit einstürzen. Seit 1953 sind hier bereits fast 50 Menschen ums Leben gekommen.
Um das Risiko für die Sherpas zu minimieren, setzt Nepal nun erstmals Drohnen ein. Drei Sherpas wurden zu Drohnenpiloten ausgebildet, während fünf weitere Spezialisten die Flüge vom Basislager aus überwachen. Die fliegenden Helfer sollen Seile und Ausrüstung transportieren, Routen erkunden und sogar Müll abtransportieren.
„Viele Sherpas haben im Khumbu-Eisbruch ihr Leben verloren. Sie müssen diesen Abschnitt oft bis zu 15-mal pro Expedition durchqueren – jedes Mal ein enormes Risiko. Mit den Drohnen können wir den Fußverkehr reduzieren“, erklärt Mingma Chiri Sherpa, Vorsitzender der Khumbu Pasang Lhamu Verwaltung.
Technologie als Hoffnungsträger – oder Bedrohung?
Bereits im letzten Jahr testeten Expeditionsveranstalter verschiedene Drohnenmodelle. Nun soll eine DJI Flychart 30, eine Spezialdrohne im Wert von rund 65.000 Euro, den Transport übernehmen. Erste Tests zeigen:
✅ Bis zu 225 Kilogramm Ausrüstung pro Stunde lassen sich zwischen dem Basislager auf 5.300 Metern und Lager I auf 6.100 Metern befördern.
✅ 14 Sherpas sparen sich pro Einsatz einen sechsstündigen Auf- und Abstieg – und damit ein enormes Sicherheitsrisiko.
Doch nicht alle begrüßen die technologische Revolution. Gewerkschaften und Politiker in Nepal fürchten massive Jobverluste.
„Die Einführung von Drohnen könnte Tausenden von Sherpas die Lebensgrundlage entziehen“, warnt Ajay Kumar Rai, Generalsekretär des Nepal Trade Union Congress. „Sechs Monate riskieren sie ihr Leben auf dem Everest, und danach gibt es keine Arbeit mehr. Wenn Drohnen sie ersetzen – was bleibt dann?“
Der nepalesische Abgeordnete Rajendra Bajgain fordert, dass die Regierung Sherpas mit den hohen Lizenzgebühren der Bergsteiger unterstützt: „Wenn diese idiotische Initiative weitergeht, sollten die Sherpas aus diesen Einnahmen Lebensmittel und medizinische Versorgung erhalten.“
Everest-Tourismus: Rekordzahlen trotz Kritik
Während Bergsteiger bis zu 100.000 Euro für eine Expedition zahlen, verdienen Sherpas im Schnitt nur 4.000 Euro pro Saison – für viele die einzige Einkommensquelle.
Trotz aller Gefahren und wachsender Kritik an der Kommerzialisierung des Mount Everest werden 2025 wieder Hunderte Bergsteiger den Gipfel stürmen. Schon jetzt wurden 420 Genehmigungen erteilt. Im letzten Jahr erreichten 861 Menschen den Gipfel, darunter 468 Sherpas.
Und die Drohnen? Sie könnten der erste Schritt in eine neue Ära der Everest-Besteigungen sein – doch ob sie wirklich eine Revolution oder eine Bedrohung für die Sherpa-Gemeinschaft sind, wird sich erst in den kommenden Jahren zeigen.