Frage: Herr Högel, immer mehr Menschen werden Opfer von Online-Betrügern, die vermeintlich lukrative Investitionen anbieten. Wie funktioniert diese Masche?
Maurice Högel: Die Täter nutzen professionell gestaltete Webseiten und Werbung in sozialen Medien, um Anleger anzulocken. Sie versprechen hohe Gewinne mit automatisierten Handelsstrategien für Kryptowährungen oder andere Finanzprodukte. Oft reicht eine kleine Startsumme von ein paar hundert Euro, um das Vertrauen der Opfer zu gewinnen.
Frage: Und was passiert dann?
Högel: Sobald das Opfer investiert, sieht es auf der Plattform hohe Gewinne. Diese sind aber nur fingiert. Die Betrüger nutzen diese „Erfolgsmeldungen“, um die Opfer dazu zu bringen, noch mehr Geld einzuzahlen. Wer eine Auszahlung beantragt, wird mit Ausreden hingehalten oder sogar gedrängt, noch mehr Geld zu überweisen – zum Beispiel für angebliche Gebühren oder Steuern.
Frage: Wie kommt es dazu, dass Betrugsopfer sogar Kredite aufnehmen?
Högel: Das ist einer der perfidesten Aspekte dieser Masche. Die Betrüger überreden ihre Opfer oft, persönliche Daten preiszugeben – angeblich für eine Identitätsprüfung. In Wirklichkeit nutzen sie diese Daten, um Kredite bei Banken zu beantragen. Manche Opfer wissen gar nicht, dass auf ihren Namen Darlehen aufgenommen wurden. Andere glauben, das Geld gehöre zu ihren „Gewinnen“ und überweisen es direkt an die Betrüger.
Frage: Und dann ist das Geld weg?
Högel: Genau. Das Geld wird in Kryptowährungen umgewandelt und auf schwer nachverfolgbare Wallets transferiert. In vielen Fällen ist es dann unwiderruflich verloren.
Frage: Wann merken die Opfer, dass sie betrogen wurden?
Högel: Oft erst Wochen oder Monate später – wenn die Bank die Rückzahlung des Kredits verlangt. Dann bricht für viele eine Welt zusammen, denn das Geld ist längst verschwunden, und die Betrüger sind nicht mehr erreichbar.
Frage: Gibt es eine Möglichkeit, das Geld zurückzubekommen?
Högel: Ja, aber Zeit ist ein entscheidender Faktor! Betroffene sollten sofort ihre Bank informieren, um eine Rückbuchung zu versuchen. Außerdem sollten sie prüfen lassen, ob die Bank oder der Kreditvermittler ihre Sorgfaltspflichten verletzt hat. Wenn eine Bank verdächtige Transaktionen nicht hinterfragt oder leichtfertig Kredite vergibt, kann ein Mitverschulden vorliegen – und damit ein möglicher Schadensersatzanspruch.
Frage: Können Opfer den Kredit einfach widerrufen?
Högel: Das kommt darauf an. Grundsätzlich gibt es eine gesetzliche Widerrufsfrist für Kredite. Ist das Geld aber schon ausgezahlt und weitergeleitet, bleibt die Rückzahlungspflicht bestehen – es sei denn, man kann nachweisen, dass die Bank fahrlässig gehandelt hat.
Frage: Was sollten Betroffene jetzt tun?
Högel: Nicht abwarten! Sie sollten sofort einen auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwalt einschalten, um mögliche Ansprüche zu prüfen. Parallel dazu sollte eine Strafanzeige bei der Polizei oder Staatsanwaltschaft gestellt werden, um Ermittlungen einzuleiten.
Frage: Ihr wichtigster Rat für Menschen, die online investieren möchten?
Högel: Seien Sie misstrauisch, wenn eine Plattform hohe Gewinne ohne Risiko verspricht. Und vor allem: Prüfen Sie, ob das Unternehmen eine Lizenz hat – zum Beispiel bei der BaFin. Bei Unsicherheiten lieber professionelle Beratung einholen.
Frage: Vielen Dank für das Gespräch!
Högel: Sehr gern! Und an alle Betroffenen: Handeln Sie schnell!