Vanillepuddingpulver – in der Küche geschätzt, aber in der Industrie gefürchtet. Was harmlos als süße Dessertgrundlage daherkommt, kann unter bestimmten Bedingungen eine gefährliche Explosion verursachen. Dass feine, brennbare Staubpartikel eine echte Gefahr darstellen, zeigt ein spektakulärer Fall aus dem Jahr 1981, als eine gewaltige Explosion in der Bird’s Custard-Fabrik in Oxfordshire neun Menschen verletzte.
Wie wird aus Puddingpulver eine Bombe?
Die Wissenschaft hinter dieser unerwarteten Gefahr ist eigentlich simpel: Pulverförmige Substanzen wie Mehl, Zucker, Kohlenstaub oder Stärke sind brennbar. Wird ein solches Pulver als feiner Staub in die Luft gewirbelt, erhöht sich die Oberfläche, die mit Sauerstoff in Kontakt kommt – perfekte Voraussetzungen für eine schnelle Verbrennung.
Kombiniert mit einer Zündquelle – sei es durch Reibung, Funken oder statische Elektrizität – kann sich die gesamte Staubwolke in Sekundenbruchteilen entzünden. Die Folge: Eine explosionsartige Flammenfront, die mit enormer Wucht durch einen Raum fegt.
Die Katastrophe in der Bird’s Custard-Fabrik
Am 18. November 1981 kam es in der britischen Bird’s Custard-Fabrik zu einer solchen Explosion. Mitarbeiter bemerkten, dass ein Behälter mit Maisstärke überlief. Als sich der feine Staub in der Luft verteilte, entzündete sich die Wolke plötzlich – vermutlich durch eine kleine statische Entladung oder eine Funkenbildung in der Anlage.
Laut dem Unfallbericht breitete sich die Flamme in Sekundenbruchteilen aus, begleitet von einem „orkanartigen Wind“. Der Druck der Explosion verletzte neun Arbeiter, doch es hätte schlimmer kommen können: Viele Staubexplosionen führen zu sekundären Detonationen, wenn aufgewirbelter Staub neue Zündquellen trifft.
Ein weltweites Problem
Die Explosion in Oxfordshire war kein Einzelfall. Immer wieder kommt es weltweit zu Staubexplosionen mit tödlichem Ausgang:
- 1871 in Minnesota, USA: Eine Explosion in einer Getreidemühle tötet 14 Menschen.
- 1919 in Iowa, USA: Eine durch Maisstärke verursachte Detonation zerstört einen ganzen Stadtteil und fordert 44 Menschenleben.
- 2014 in Kunshan, China: 97 Tote, als ein Metallstaub-Brand in einer Fabrik außer Kontrolle gerät.
Im Jahr 2022 wurden weltweit 50 Staubexplosionen gezählt – nicht alle in der Lebensmittelindustrie, aber viele durch brennbare Pulver.
Unterschätzte Gefahren im Alltag
Das Risiko beschränkt sich nicht auf Industriebetriebe. Auch scheinbar harmlose Events können gefährlich werden. Bei Partys mit buntem Farbpulver, wie sie vom hinduistischen Holi-Festival inspiriert sind, kommt oft Maisstärke zum Einsatz.
Ein tragischer Vorfall ereignete sich 2015 in Taiwan, als eine Farbpulverwolke bei einem Konzert Feuer fing. Die riesige Explosion verletzte über 500 Menschen, 20 starben an ihren schweren Verbrennungen. Das Management des Freizeitparks gab später an, nichts von der Entflammbarkeit der Pulver gewusst zu haben.
Prävention: So kann man die Gefahr bannen
Damit solche Katastrophen verhindert werden, setzen Experten auf Sicherheitsmaßnahmen wie:
✅ Erdung von Maschinen, um Funkenbildung durch statische Aufladung zu vermeiden.
✅ Luftfiltersysteme, die Staubpartikel aus der Umgebung entfernen.
✅ Regelmäßige Reinigungen, um Ablagerungen zu verhindern.
✅ Schulungen für Mitarbeiter, damit Risikofaktoren erkannt und vermieden werden.
Obwohl es schwer vorstellbar ist, dass ein Löffel Puddingpulver eine zerstörerische Kraft entfalten kann, zeigt die Geschichte: Vorsicht ist besser als Nachsicht!