Der eskalierende Zollstreit zwischen den USA und Europa ist mehr als ein diplomatischer Schlagabtausch – er gefährdet die wirtschaftliche Basis beider Regionen. Die Warnung der Amerikanischen Handelskammer in der EU (AmCham) vor einem jährlichen Schaden von bis zu 9,5 Billionen Dollar ist nicht übertrieben, sondern alarmierend.
Denn es geht nicht nur um teurere Importgüter oder um ein paar Milliarden an Strafzöllen. Viel entscheidender ist das Signal, das dieser Konflikt sendet: Unsicherheit. Unternehmen halten Investitionen zurück, weil sie nicht wissen, welche Eskalationsstufe als nächstes folgt. Langfristige Partnerschaften, die über Jahrzehnte aufgebaut wurden, werden auf eine harte Probe gestellt.
Besonders paradox ist, dass der eigentliche wirtschaftliche Austausch zwischen den USA und der EU weit über den reinen Warenhandel hinausgeht. Die Umsätze von US-Tochtergesellschaften in Europa übersteigen die Exporte aus den USA um das Vierfache. Umgekehrt erwirtschaften europäische Firmen in den USA dreimal so viel wie sie dorthin exportieren. Das zeigt: Die transatlantische Wirtschaft ist tief verflochten – und damit auch anfällig für politische Willkür.
Die Strafzölle mögen kurzfristig als wirtschaftspolitische Machtdemonstration erscheinen, doch sie treffen langfristig beide Seiten. Wenn Unternehmen Investitionen stoppen und Produktionsketten umstrukturieren müssen, führt das zu Arbeitsplatzverlusten und sinkendem Wachstum. Die Märkte reagieren längst mit Nervosität – und die Leidtragenden sind nicht Politiker, sondern Unternehmen und Verbraucher.
Statt weiterer Drohgebärden braucht es dringend einen Dialog, der auf Vernunft und wirtschaftlichem Realismus basiert. Sonst könnte dieser Zollkrieg langfristig eine der wichtigsten Handelsbeziehungen der Welt nachhaltig beschädigen – mit Folgen, die weit über ein paar Prozentpunkte Wachstum hinausgehen.