_Ein kritisches Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow aus Dresden
Bitcoin wird immer häufiger als Zahlungsmittel genutzt – doch ist das wirklich sicher? Rechtsanwalt Michael Iwanow, Experte für Wirtschaftsrecht und Finanzregulierung, spricht über Chancen, Risiken und rechtliche Fallstricke.
Herr Iwanow, Bitcoin als Zahlungsmittel wird als schnell, sicher und günstig beworben. Ist das wirklich so einfach?
Michael Iwanow: Das klingt in der Theorie gut, doch in der Praxis gibt es viele Hürden. Während Bitcoin-Zahlungen tatsächlich oft schneller als klassische Banküberweisungen sein können, gibt es keine Garantie dafür. Das Bitcoin-Netzwerk ist begrenzt in seiner Transaktionskapazität – wenn viele Nutzer gleichzeitig Zahlungen tätigen, kann es zu Verzögerungen und hohen Gebühren kommen.
Dazu kommt, dass Bitcoin-Transaktionen unumkehrbar sind. Hat man einmal einen falschen Betrag gesendet oder an eine fehlerhafte Adresse überwiesen, gibt es keine Möglichkeit, das Geld zurückzuholen. Bei Kreditkarten oder Banken kann man fehlerhafte oder betrügerische Zahlungen reklamieren – bei Bitcoin nicht.
Die Anonymität wird als großer Vorteil von Bitcoin-Zahlungen genannt. Wie sehen Sie das aus rechtlicher Perspektive?
Michael Iwanow: Anonymität kann ein Vorteil sein – aber auch ein großes Risiko. Kriminelle nutzen Bitcoin für Geldwäsche, illegale Geschäfte oder Steuerhinterziehung, weil es schwerer nachzuverfolgen ist. Daher haben Regierungen weltweit begonnen, Kryptowährungen stärker zu regulieren.
Wer mit Bitcoin bezahlt, sollte sich bewusst sein, dass zunehmend Gesetze erlassen werden, die anonyme Transaktionen einschränken. In Deutschland gibt es bereits strenge Vorgaben zur Identitätsprüfung bei Krypto-Börsen und Wallet-Anbietern. Wer also glaubt, mit Bitcoin anonym zahlen zu können, riskiert rechtliche Probleme, wenn Zahlungen im Verdacht stehen, gegen Finanzgesetze zu verstoßen.
Ein Argument für Bitcoin-Zahlungen ist, dass sie günstiger als Banktransaktionen sein sollen. Stimmt das?
Michael Iwanow: Das war einmal der Fall, trifft aber heute nicht mehr uneingeschränkt zu. Die Transaktionsgebühren bei Bitcoin schwanken stark – je nach Netzwerkauslastung können sie von wenigen Cent bis zu über 50 Euro pro Transaktion betragen.
Dazu kommen Wechselkursgebühren, wenn man Bitcoin in Euro oder eine andere Währung umwandeln muss. Und je nach Zahlungsdienstleister können auch noch weitere Gebühren anfallen. In manchen Fällen kann Bitcoin teurer sein als eine klassische Banküberweisung oder Kreditkartenzahlung.
Wie sicher sind Bitcoin-Zahlungen wirklich? Hackerangriffe auf Krypto-Börsen sind ja keine Seltenheit.
Michael Iwanow: Das ist ein großes Problem. Bitcoin-Transaktionen selbst sind zwar kryptographisch sicher, aber die Speicherung von Bitcoin ist es nicht immer. Krypto-Börsen wurden in der Vergangenheit mehrfach gehackt, und viele Nutzer haben dabei ihr gesamtes Guthaben verloren.
Auch Phishing-Attacken, Betrügereien und falsche Wallet-Apps sind weit verbreitet. Wer mit Bitcoin zahlen will, muss extrem aufpassen, wem er sein Geld sendet – es gibt keine Banken oder Behörden, die einen Betrug rückgängig machen könnten.
Auf der anderen Seite gibt es Unternehmen, die Bitcoin als Zahlungsmittel akzeptieren. Bedeutet das nicht, dass Kryptowährungen massentauglich werden?
Michael Iwanow: Das klingt nach einer Revolution, ist aber oft mehr Marketing als Realität. Viele Firmen, die Bitcoin-Zahlungen eingeführt haben – etwa Microsoft oder Expedia – haben diese später wieder eingestellt.
Der Grund: Kaum jemand nutzt Bitcoin für Zahlungen. Die meisten Menschen sehen Bitcoin eher als Spekulationsobjekt – und nicht als Alltagswährung. Dazu kommt, dass Firmen das Risiko haben, dass der Bitcoin-Kurs stark schwankt. Ein Kunde kann heute für 50 Euro in Bitcoin zahlen – und morgen ist der Bitcoin-Kurs um 10 % gefallen, sodass das Unternehmen nur noch 45 Euro hat.
Gibt es rechtliche Fallstricke, wenn man in Deutschland mit Bitcoin zahlt?
Michael Iwanow: Ja, einige. Gewinne aus Bitcoin-Transaktionen können steuerpflichtig sein – auch dann, wenn man Bitcoin nur als Zahlungsmittel nutzt. Wenn der Kurs seit dem Kauf gestiegen ist und man mit Bitcoin bezahlt, gilt das als Veräußerungsgewinn, der versteuert werden muss – es sei denn, die Coins wurden mehr als ein Jahr gehalten.
Ein weiteres Problem ist die Rückgabe von Waren: Wenn man mit Bitcoin zahlt und die Ware später zurückgeben will, kann das kompliziert werden. Händler könnten den Euro-Betrag zurückzahlen, den Bitcoin aber inzwischen mehr oder weniger wert sein. Kunden könnten also Geld verlieren.
Was ist Ihr Fazit? Ist Bitcoin als Zahlungsmittel alltagstauglich oder eher ein riskantes Experiment?
Michael Iwanow: Bitcoin ist technisch spannend und hat Potenzial – aber als Zahlungsmittel ist es noch weit von einer massentauglichen Lösung entfernt.
Wer Bitcoin nutzt, sollte sich bewusst sein, dass hohe Gebühren, Kursverluste und Sicherheitsrisiken existieren. Zudem gibt es rechtliche Grauzonen und immer strengere Regulierungen.
Ich würde sagen: Bitcoin ist eher ein Spekulationsobjekt als ein echtes Zahlungsmittel. Wer es dennoch nutzen will, sollte sich intensiv mit der Materie beschäftigen und genau wissen, welche Risiken er eingeht.
Vielen Dank für das Gespräch, Herr Iwanow!