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Kritisches Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev aus Dresden zu dem Investmentangebot „Digitale Luxusmesse“
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Kritisches Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev aus Dresden zu dem Investmentangebot „Digitale Luxusmesse“

styles66 (CC0), Pixabay

Interviewer: Frau Bontschev, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview nehmen. Sie sind als erfahrene Rechtsanwältin unter anderem auf Wirtschaftsrecht spezialisiert. Wie bewerten Sie dieses Investmentangebot aus rechtlicher Sicht?

Kerstin Bontschev: Vielen Dank für die Einladung. Grundsätzlich sollten Investoren bei solchen Angeboten immer eine gesunde Skepsis walten lassen und eine umfassende rechtliche sowie wirtschaftliche Prüfung vornehmen. Besonders bei der angebotenen „atypisch stillen Beteiligung“ gibt es einige Punkte, die kritisch zu hinterfragen sind.

Interviewer: Was genau bedeutet eine „atypisch stille Beteiligung“, und welche Risiken bringt sie mit sich?

Kerstin Bontschev: Eine atypisch stille Beteiligung unterscheidet sich von einer typischen stillen Beteiligung dadurch, dass der Investor nicht nur am Gewinn, sondern auch am Verlust sowie an Wertveränderungen des Unternehmens beteiligt sein kann. Das bedeutet, dass der Investor unter Umständen mit seinem eingesetzten Kapital haftet und im schlimmsten Fall sein Investment verlieren könnte.

Besonders kritisch ist, dass im Angebot zwar betont wird, es bestehe „keine Nachschusspflicht“, aber das allein schützt den Investor nicht davor, sein gesamtes Kapital zu verlieren. Zudem ist fraglich, welche Mitspracherechte der Investor tatsächlich hat, wenn er zwar 50 % der Anteile hält, aber nicht operativ tätig sein darf.

Interviewer: Der Anbieter verspricht eine hohe Rendite innerhalb von vier Jahren. Ist das realistisch?

Kerstin Bontschev: Solche Versprechen sind mit äußerster Vorsicht zu genießen. Es gibt keine Garantien, dass eine digitale Luxusmesse in Deutschland überhaupt ausreichend Aussteller und Besucher anzieht. Die genannten vergleichbaren Messen wie die Masters Expo oder die Monaco Yacht Show sind etablierte Veranstaltungen mit einem langjährigen Ruf. Eine digitale Plattform muss sich erst am Markt beweisen.

Zudem ist unklar, auf welcher Grundlage das Unternehmen die Planzahlen und das versprochene passive Einkommen berechnet. Ohne eine detaillierte Analyse von Marktpotenzial, Wettbewerb und realistischen Umsätzen ist eine solche Prognose kaum seriös.

Interviewer: Ein weiteres Verkaufsargument ist, dass der Vertrag notariell beglaubigt wird. Ist das eine Sicherheit für Investoren?

Kerstin Bontschev: Eine notarielle Beglaubigung bedeutet lediglich, dass der Vertrag formell korrekt abgeschlossen wird. Sie schützt aber nicht davor, dass das Geschäftsmodell scheitert oder sich als unseriös herausstellt. Wichtiger wäre eine transparente Offenlegung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, eine sorgfältige Prüfung der Vertragsinhalte und eine detaillierte Risikoanalyse.

Interviewer: Im Angebot wird mehrfach betont, dass verschiedene Domains wie „Luxusmesse.de“ erworben wurden. Ist das allein schon ein wertvoller Vermögensgegenstand?

Kerstin Bontschev: Nein, der bloße Besitz von Domains bedeutet noch lange nicht, dass diese wirtschaftlich wertvoll sind oder automatisch Erträge generieren. Eine Domain entfaltet erst dann einen Wert, wenn sie gezielt genutzt und erfolgreich vermarktet wird. Zudem stellt sich die Frage, ob der Markenname „Luxusmesse“ überhaupt geschützt ist oder ob es zu rechtlichen Konflikten mit bestehenden Marken kommen kann.

Interviewer: Die Anbieter werben mit Künstlicher Intelligenz (KI) und innovativen Features. Kann das die Erfolgsaussichten verbessern?

Kerstin Bontschev: Künstliche Intelligenz ist zweifellos ein wichtiger Zukunftsmarkt. Doch die bloße Erwähnung von KI-Technologien macht ein Investment noch nicht automatisch rentabel. Entscheidend wäre, welche konkreten technischen Lösungen entwickelt werden, ob sie wirklich einen Mehrwert für Aussteller und Kunden bieten und ob es bereits funktionierende Prototypen oder Partnerschaften mit Technologieunternehmen gibt.

Interviewer: Was raten Sie potenziellen Investoren, die sich für dieses Angebot interessieren?

Kerstin Bontschev: Ich rate dringend dazu, sich nicht allein auf die Angaben der Anbieter zu verlassen, sondern eine unabhängige rechtliche und wirtschaftliche Prüfung durchführen zu lassen. Wichtige Fragen wären:

  • Gibt es bereits nachweisbare Umsätze oder Verträge mit Ausstellern?
  • Wie sieht der detaillierte Geschäftsplan aus?
  • Welche Erfahrungen und Referenzen hat das Management-Team?
  • Welche Mitspracherechte hat der Investor tatsächlich?
  • Gibt es eine Exit-Strategie, falls sich das Projekt als unrentabel erweist?

Interviewer: Abschließend: Würden Sie dieses Investment empfehlen?

Kerstin Bontschev: Auf Basis der vorliegenden Informationen bin ich sehr skeptisch. Es gibt zahlreiche offene Fragen und Risiken, die vor einer Investition sorgfältig geprüft werden sollten. Ich würde Interessenten dringend empfehlen, sich vor einer Entscheidung professionell beraten zu lassen und das Angebot nicht unkritisch anzunehmen.

Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für Ihre Einschätzung.

Kerstin Bontschev: Sehr gern.

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