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Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow: „Einreisesperren nach Abschiebung – Rechtlich sauber oder populistische Symbolpolitik?“
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Interview mit Rechtsanwalt Michael Iwanow: „Einreisesperren nach Abschiebung – Rechtlich sauber oder populistische Symbolpolitik?“

Tumisu (CC0), Pixabay

Die EU-Kommission unter Ursula von der Leyen plant, eine Einreisesperre für abgeschobene Personen einzuführen. Zudem sollen strengere Maßnahmen ergriffen werden, um illegale Aufenthalte und Untertauchen zu verhindern. Kritiker befürchten einen Eingriff in Grundrechte und warnen vor einer reinen Abschreckungspolitik. Rechtsanwalt Michael Iwanow aus Dresden, Experte für Migrationsrecht, bewertet die Pläne.


Herr Iwanow, die EU-Kommission plant eine Einreisesperre für Menschen, die aus der EU abgeschoben wurden. Ist das juristisch umsetzbar?

Michael Iwanow: Grundsätzlich ja, aber es hängt von der genauen Ausgestaltung ab. Ein Wiedereinreiseverbot nach Abschiebung gibt es bereits in vielen Mitgliedstaaten, oft für einen Zeitraum von mehreren Jahren. Neu wäre jedoch eine einheitliche Regelung auf EU-Ebene, die für alle Mitgliedstaaten verbindlich wäre.

Juristisch problematisch wird es, wenn solche Maßnahmen pauschal und ohne Einzelfallprüfung verhängt werden. Ein generelles Einreiseverbot könnte gegen das Recht auf Familienzusammenführung oder gegen humanitäre Schutzrechte verstoßen. Zudem gibt es völkerrechtliche Verpflichtungen, die eine erneute Einreise in bestimmten Fällen ermöglichen müssen.


Von der Leyen spricht von „einfacheren und klareren Regeln“. Ist das eine Verbesserung oder eine rechtliche Vereinfachung auf Kosten der Betroffenen?

Michael Iwanow: Es ist ein zweischneidiges Schwert. Einfachere Regeln können natürlich Verfahren beschleunigen, aber sie bergen auch die Gefahr, dass individuelle Umstände nicht ausreichend berücksichtigt werden.

Der Begriff „Untertauchen verhindern“ klingt nach einer Verschärfung der Überwachungsmaßnahmen. Schon jetzt gibt es in vielen EU-Staaten strenge Meldepflichten für Asylsuchende oder abgelehnte Antragsteller. Die Frage ist: Wie weit darf der Staat gehen, um Abschiebungen durchzusetzen, ohne Grundrechte zu verletzen?


EU-Migrationskommissar Magnus Brunner brachte die Möglichkeit einer Inhaftierung ins Spiel, um Abschiebungen zu erleichtern. Wie bewerten Sie das?

Michael Iwanow: Hier bewegen wir uns auf rechtlich sehr dünnem Eis. Inhaftierungen ohne strafrechtliche Grundlage sind immer ein Eingriff in die persönliche Freiheit und müssen sehr gut begründet sein.

Das europäische und internationale Recht erlaubt zwar in bestimmten Fällen eine Abschiebehaft, aber nur unter strengen Bedingungen. Menschen pauschal in Haft zu nehmen, nur weil sie abgeschoben werden sollen, wäre rechtlich höchst fragwürdig.

Es besteht zudem die Gefahr, dass Menschen monatelang in Haftanstalten festgehalten werden, ohne dass ihre Abschiebung tatsächlich umsetzbar ist – etwa, weil Herkunftsländer die Aufnahme verweigern. Das wäre rechtlich bedenklich und würde in vielen Fällen auf eine unverhältnismäßige Freiheitsberaubung hinauslaufen.


Befürworter argumentieren, dass die Maßnahmen notwendig seien, um das Asylsystem funktionsfähig zu halten. Was entgegnen Sie?

Michael Iwanow: Natürlich muss ein funktionierendes Asylsystem auch eine effektive Rückführungspolitik haben – das ist unbestritten. Aber es geht um die Art und Weise, wie das umgesetzt wird.

Wenn Abschiebungen konsequenter durchgesetzt werden sollen, müsste man die Zusammenarbeit mit Drittstaaten verbessern und legale Wege für Migration ausbauen. Pauschale Einreisesperren und Inhaftierungen sind eher symbolische Maßnahmen, die möglicherweise gut in der politischen Debatte funktionieren, aber nicht unbedingt das Problem lösen.


Was ist Ihr Fazit? Sind die Vorschläge von Ursula von der Leyen eine echte Reform oder reine Symbolpolitik?

Michael Iwanow: Die Vorschläge gehen in eine Richtung, die mehr Abschreckung als Lösung bringt. Die rechtlichen Hürden sind hoch, und viele der Maßnahmen werden vor Gerichten angefochten werden.

Anstatt sich nur auf Strafen und Verbote zu konzentrieren, sollte die EU daran arbeiten, das Asylsystem insgesamt effizienter zu gestalten – mit besseren Verfahren, zügigen Entscheidungen und fairen Rückführungsregelungen.

Am Ende bleibt die Frage: Will man wirklich eine nachhaltige Lösung oder nur Härte demonstrieren?


Vielen Dank für das Gespräch, Herr Iwanow!

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