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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Wie sicher ist das Investment in das neue Unterkunftsportal-Projekt?

styles66 (CC0), Pixabay

Frau Bontschev, das Unternehmen betreibt bereits etablierte Ferienhaus-Portale und bietet Investoren die Möglichkeit, an den Einnahmen aus privaten Inseraten zu profitieren. Wie bewerten Sie dieses Investment aus rechtlicher und finanzieller Sicht?

Grundsätzlich klingt das Konzept attraktiv, da das Unternehmen auf bereits bestehende, erfolgreiche Plattformen setzt. Dennoch gibt es wesentliche Risiken, die Anleger vor einer Investition genau prüfen sollten. Besonders die versprochene hohe Rendite von über 50 % pro Jahr wirkt ungewöhnlich optimistisch und deutet auf ein hohes unternehmerisches Risiko hin.

Welche Risiken bestehen für Investoren?

  1. Marktrisiko & wirtschaftliche Unsicherheiten

    • Die Schätzung, dass sich 3.150 Unterkunftsanbieter für ein kostenpflichtiges Inserat anmelden, basiert auf Annahmen. Gibt es bereits Verträge oder Zusagen von Vermietern?
    • Konkurrenzdruck durch etablierte Plattformen wie Airbnb, Booking.com oder FeWo-direkt könnte es schwer machen, genügend Inserate zu verkaufen.
    • Auch Änderungen im Google-Algorithmus können das Ranking und die Besucherzahlen negativ beeinflussen.
  2. Fehlende Garantien & Totalverlustrisiko

    • Es gibt keine Garantie, dass sich die prognostizierte Anzahl von Vermietern tatsächlich anmeldet.
    • Falls das Geschäftsmodell nicht aufgeht, besteht für Anleger das Risiko eines vollständigen Kapitalverlusts.
    • Die Auszahlung der Renditen basiert rein auf den erzielten Einnahmen – wenn diese niedriger ausfallen, erhält der Investor weniger oder gar nichts zurück.
  3. Rechtliche Unsicherheiten & Vertragsgestaltung

    • Es ist unklar, welche vertraglichen Absicherungen Investoren erhalten. Gibt es eine feste Rückzahlung oder ist die Rendite rein erfolgsabhängig?
    • Keine Unternehmensbeteiligung: Investoren erhalten lediglich eine Beteiligung an den Einnahmen, aber keine Anteile am Unternehmen selbst, was ihre Mitspracherechte stark einschränkt.
    • Ist eine BaFin-Genehmigung erforderlich? Falls die Beteiligung als Finanzanlage gewertet wird, könnte sie unter die Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) fallen.
  4. Langfristige Kapitalbindung & Exit-Probleme

    • Die Beteiligung läuft mindestens drei Jahre – kann das Investment vorher verkauft oder übertragen werden?
    • Gibt es eine Rückkaufoption durch das Unternehmen, falls ein Investor früher aussteigen möchte?

Das Angebot verspricht Transparenz und quartalsweise Auszahlungen. Ist das eine echte Sicherheit für Anleger?

Transparenz ist wichtig, aber entscheidend ist, ob vertragliche Sicherheiten bestehen.
Anleger sollten sich fragen:

  • Wie verbindlich sind die Umsatzprognosen?
  • Wer haftet, falls das Geschäftsmodell scheitert?
  • Gibt es eine Absicherung, falls weniger als 3.150 Vermieter zahlen?

Welche Schritte sollten Investoren unternehmen, bevor sie investieren?

  1. Vertragsprüfung durch einen Anwalt: Lassen Sie die Beteiligungsbedingungen und die genauen Auszahlungsklauseln prüfen.
  2. Finanzielle Analyse: Gibt es belastbare Zahlen oder basiert das Investment rein auf Prognosen?
  3. Diversifikation beachten: Anleger sollten nicht ihr gesamtes Kapital in ein einzelnes digitales Geschäftsmodell investieren.
  4. Ausstiegsoptionen klären: Ist das Kapital vollständig gebunden oder gibt es eine Möglichkeit, frühzeitig auszusteigen?

Ihr abschließendes Fazit?

Das Projekt hat Potenzial, basiert aber auf optimistischen Annahmen ohne garantierte Absicherung. Anleger müssen sich bewusst sein, dass sie ihr gesamtes Kapital verlieren können, falls sich die erwartete Anzahl an zahlenden Vermietern nicht realisiert. Wer investieren möchte, sollte dies nur mit Geld tun, dessen Verlust er verkraften kann, und sich vorab rechtlich beraten lassen.

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