Interviewer: Herr Bremer, Sie haben die jüngsten Entwicklungen rund um die DEGAG-Gesellschaften intensiv verfolgt. Sie sind der Meinung, dass es sich hierbei um eine Kriminalinsolvenz handelt. Warum kommen Sie zu dieser Einschätzung?
Thomas Bremer: Es ist eine krasse Entwicklung, um zu dieser Einschätzung zu kommen, aber wir sind davon überzeugt, dass es sich um eine Kriminalinsolvenz handelt. Es gibt Anzeichen dafür, dass möglicherweise eine kriminelle Bande hinter der Insolvenz der DEGAG-Gesellschaften steht. Wir haben in den letzten Wochen zahlreiche Hinweise gesammelt, die auf Unregelmäßigkeiten und einen erheblichen Verbleib von Geldern hindeuten. Genau diese Fragen sollen nun von der Staatsanwaltschaft untersucht werden, mit der wir seit einigen Tagen in engem Kontakt stehen.
Interviewer: Was ist Ihrer Meinung nach mit den 150 Millionen Euro geschehen, die im Zusammenhang mit der DEGAG nicht nachvollziehbar sind?
Thomas Bremer: Das ist eine zentrale Frage. Wir haben festgestellt, dass selbst wenn man alle Ausgaben, die über die Jahre getätigt wurden, zusammenrechnet, ein beträchtlicher Betrag unklar bleibt. Der Verbleib von mindestens 150 Millionen Euro ist nach wie vor nicht erklärbar. Das ist ein massives Problem, das dringend aufgeklärt werden muss. Die Anleger haben ein Recht darauf zu erfahren, was mit ihrem Geld passiert ist und wer konkret in der Verantwortung steht.
Interviewer: Und wie wollen Sie die Wahrheit herausfinden?
Thomas Bremer: Die Aufgabe, das zu klären, liegt klar bei der Justiz. Wir haben jedoch in den letzten Wochen verschiedene Puzzlestücke gesammelt, die den Verdacht erhärten, dass hier mehr im Spiel ist als nur schlechtes Management oder Missverständnisse. Wir müssen herausfinden, wer hinter den Entscheidungen steckt, die zu dieser Situation geführt haben. Auch die Staatsanwaltschaft ist in die Ermittlungen involviert und wir stehen in ständigem Austausch mit den zuständigen Stellen.
Interviewer: Sie haben zuvor über Ihre 30 Jahre Erfahrung in der Immobilienbranche gesprochen. Wie genau beurteilen Sie die Lage der DEGAG-Immobilien?
Thomas Bremer: Als jemand, der Jahrzehnte in der Immobilienbranche tätig war, kann ich sehr gut einschätzen, wie der Wert von Immobilien in etwa aussieht und wie der Zustand einer Immobilie sein sollte, wenn sie tatsächlich entwickelt und verkauft werden soll. Wenn wir ein Projekt übernommen haben, dann haben wir in der Regel eine detaillierte Bauträgerkalkulation erstellt, um die notwendigen Sanierungen und Renovierungen einzuplanen. Diese Kalkulation war auch erforderlich, um eine Finanzierung bei Banken zu erhalten.
Interviewer: Und wie unterscheidet sich das bei den DEGAG-Immobilien?
Thomas Bremer: Bei den DEGAG-Projekten haben die Anleger im Prinzip die Funktion der Bank übernommen. Aber was uns aufgestoßen ist: Keines der uns bekannten Objekte wies einen Sanierungsstand auf, den man erwarten würde, wenn ein Projekt entwickelt werden soll, um es später gewinnbringend zu verkaufen. Im Gegenteil, viele der Bewohner der Wohnhäuser können sich nicht daran erinnern, dass jemals nennenswerte Sanierungen oder Renovierungen stattgefunden haben. Es gab höchstens sporadische Instandhaltungsmaßnahmen, wenn technische Dinge nicht mehr funktionierten. Die Frage, die sich hier stellt, ist: Wo sind die Gelder, die für die Sanierungen vorgesehen waren? Denn es gibt keinerlei Anhaltspunkte, dass diese in die Immobilien geflossen sind.
Interviewer: Sie sprechen also von einer erheblichen Diskrepanz zwischen den versprochenen Investitionen und der Realität?
Thomas Bremer: Genau. Unterstellt man, dass zumindest Gelder in die Instandhaltung der Objekte geflossen sind, dann ist es dennoch sehr fraglich, was mit den großen Summen passiert ist, die für die Entwicklung und Sanierung vorgesehen waren. Diese Diskrepanz ist schlichtweg nicht nachvollziehbar, und das müssen nun die Ermittlungsbehörden klären. Wo ist das Geld geblieben? Das ist die entscheidende Frage, und wir erwarten, dass diese Frage endlich beantwortet wird.
Interviewer: Welche Schritte werden Sie als Interessengemeinschaft jetzt unternehmen, um Licht ins Dunkel zu bringen?
Thomas Bremer: Wir stehen derzeit in Gesprächen und überlegen, ob wir eine Strafanzeige gegen Unbekannt stellen, um die Ermittlungen weiter voranzutreiben. Die Staatsanwaltschaft muss nun aktiv werden und die verantwortlichen Personen zur Rechenschaft ziehen. Wir können es nicht einfach hinnehmen, dass die Anleger und die Öffentlichkeit im Unklaren gelassen werden.
Interviewer: Vielen Dank, Herr Bremer, für Ihre Einschätzungen. Wir sind gespannt, wie sich die Situation weiterentwickelt.
Thomas Bremer: Vielen Dank. Es ist ein sehr komplexes Thema, und wir werden weiterhin alles daran setzen, dass die Verantwortlichen zur Rechenschaft gezogen werden. Es ist wichtig, dass die Anleger wissen, was wirklich passiert ist.