Tschechien geht einen bedeutenden Schritt im Tierschutz und verbietet die dauerhafte Kettenhaltung von Hunden. Eine entsprechende Änderung des Veterinärgesetzes wurde am Mittwoch vom Senat gebilligt. Neben dem Verbot der Anbindehaltung von Hunden umfasst die Gesetzesnovelle auch die Legalisierung des Handels mit Fleisch rituell geschlachteter Tiere sowie die verpflichtende Installation von Kameras in Schlachthöfen.
Während Tierschützer das neue Gesetz als wichtigen Fortschritt begrüßen, gibt es auch kritische Stimmen. Kommunale Behörden warnen vor einer Überlastung durch die zusätzlichen Überwachungs- und Kontrollpflichten, und einige Experten sehen Unklarheiten in der Gesetzesformulierung, die in der Praxis zu Problemen führen könnten.
Tierschutz oder bürokratische Herausforderung?
Daniel Jiránek, Leiter der Abteilung für Gesetzgebung und Recht des Verbands der Städte und Gemeinden der Tschechischen Republik, äußerte Bedenken, dass die neuen Vorschriften die lokalen Behörden überfordern könnten. Die Durchsetzung des Verbots erfordere umfangreiche Kontrollen, die zusätzliche Ressourcen und Finanzierung benötigten – Mittel, die der Staat den Kommunen nicht zur Verfügung stelle.
Ein weiteres Problem sei die Auslegung des Begriffs „Kettenhaltung“. Laut Jiránek fehle eine klare Definition, was dazu führen könnte, dass Gerichte unterschiedlich urteilen. Besonders kritisch sieht er eine Regelung, nach der auch kurzfristiges Anbinden von Hunden überwacht werden muss. Er nennt ein Beispiel aus dem Alltag: „Wenn ich einen Handwerker nach Hause einlade und den Hund kurz anbinde, um ihn mit ins Haus zu nehmen, damit er sieht, was repariert werden muss, dann steht der Hund in dieser Zeit unbeaufsichtigt – und nach dem Gesetz könnte das bereits als Tierquälerei gewertet werden.“
Der frühere Justizminister Jiří Pospíšil hält diese Bedenken für unbegründet. Er verweist auf die rechtliche Praxis des argumentum ad absurdum – wonach eine Interpretation, die zu einem offenkundig unsinnigen Ergebnis führt, nicht zulässig sei. „Es ist offensichtlich, dass das kurzfristige Anbinden eines Hundes nicht als Verstoß gegen das Gesetz gewertet werden kann“, betont er.
Erfahrungen aus der Slowakei – ein bewährtes Modell?
Pospíšil verweist auf die Slowakei, wo bereits ein ähnliches Gesetz in Kraft ist. Dort habe es sich bewährt und nicht zu übermäßiger Bürokratie oder unklaren Rechtsfolgen geführt. Vielmehr habe das Verbot dazu beigetragen, zahlreiche Fälle extremer Tierquälerei zu verhindern.
Er schildert ein Beispiel aus Nordmähren: „Ich habe viele Fälle gesehen, in denen Hunde dauerhaft unter unmenschlichen Bedingungen angekettet wurden. Zuletzt gab es einen Hund, der monatelang im Schlamm angekettet war und beinahe verhungert wäre. Als ich den regionalen Veterinärdienst alarmierte, erhielt ich die Antwort: ‚Wir können nichts tun, weil das Gesetz es nicht verbietet.‘“ Mit dem neuen Gesetz soll solchen Missständen endgültig ein Riegel vorgeschoben werden.
Das Verbot bezieht sich auf Orte, an denen Hunde dauerhaft gehalten werden. Die Sorge, dass Hunde nicht mehr kurzfristig vor Geschäften oder anderen Orten angebunden werden dürfen, hält Pospíšil für unbegründet. „Ein Supermarkt ist kein dauerhafter Aufenthaltsort eines Hundes. Die Auslegung ist eindeutig“, erklärt er.
Kommunale Ängste und die Realität der Umsetzung
Trotz der positiven Absichten befürchten viele Städte und Gemeinden eine Flut an Meldungen und Beschwerden, die sie verwaltungstechnisch kaum bewältigen können. Ein Foto eines angeketteten Hundes, aufgenommen ohne den Kontext zu kennen, könnte schnell zu einer Anzeige führen – unabhängig davon, ob das Tier nur kurzfristig angeleint wurde oder tatsächlich unter widrigen Bedingungen gehalten wird.
Jiránek warnt: „Wenn sich Menschen vermehrt gezwungen sehen, vermeintliche Verstöße zu melden, geraten die Behörden in eine prekäre Lage. Es ist eine gute Sache, gegen Tierquälerei vorzugehen, aber der Staat muss auch die Mittel bereitstellen, um die Einhaltung der Vorschriften zu kontrollieren.“
Strengere Maßnahmen gegen Tierquälerei gefordert
Während das Verbot der Kettenhaltung als Fortschritt im Tierschutz gilt, kritisiert Pospíšil, dass das Problem der Tierquälerei in Tschechien noch umfassender angegangen werden müsse. Er fordert strengere Strafen für Verstöße und eine bessere Durchsetzung bestehender Gesetze. „Es geht nicht nur um die Anbindehaltung. Wir müssen uns auch mit anderen Formen von Tierquälerei befassen – von Transportbedingungen für Schlachttiere bis hin zur allgemeinen Haltung und Pflege“, so der ehemalige Minister.
Die tschechische Justiz hätte bereits heute die Möglichkeit, härtere Strafen gegen Tierquälerei zu verhängen, nutze diese aber nicht konsequent genug. Ein grundsätzlicher Wandel im Umgang mit Tierschutzgesetzen sei notwendig.
Fazit: Ein Schritt in die richtige Richtung mit Herausforderungen
Das Verbot der Kettenhaltung von Hunden markiert einen bedeutenden Fortschritt im Tierschutz in Tschechien. Es schützt Hunde vor unmenschlichen Bedingungen und sorgt für klarere Regeln in der Tierhaltung. Gleichzeitig bleibt abzuwarten, wie die Umsetzung in der Praxis funktioniert und ob die Befürchtungen der Kommunen hinsichtlich bürokratischer Belastung eintreten.
Die Erfahrungen aus der Slowakei zeigen, dass ein solches Verbot erfolgreich umgesetzt werden kann – allerdings nur, wenn Behörden und Gesetzgeber gleichermaßen für eine pragmatische Anwendung sorgen. Der Kampf gegen Tierquälerei endet nicht mit einem einzelnen Gesetz, sondern erfordert eine umfassende Reform des Umgangs mit Tieren in Tschechien.