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Interview mit Thomas Bremer: Alles nur gespielt oder echte Empörung?

Tumisu (CC0), Pixabay

Redaktion: Herr Bremer, auch am heutigen Samstag haben uns erneut Anrufe zum Thema DEGAG erreicht. Viele Anrufer behaupten, sie hätten nichts von den exorbitanten Provisionen gewusst. Wie bewerten Sie diese Reaktionen?

Thomas Bremer: Das überrascht mich nicht. Nach unserem Bericht war klar, dass es Diskussionen geben würde. Doch die Empörung wirkt auf mich teilweise gespielt. Es ist schwer vorstellbar, dass niemand aus dem Vertrieb von den immensen Provisionen wusste – schließlich wurden sie direkt aus den Anlegergeldern finanziert, fast wie in einem Selbstbedienungsladen.

Redaktion: Können Sie uns die Provisionsstruktur noch einmal genauer erläutern?

Thomas Bremer: Gerne. Beim Abschluss eines Vertrages erhielt der Vertrieb bis zu 15 % Provision. Das ist schon enorm, aber es ging noch weiter: Zusätzlich gab es eine Bestandspflegeprovision, die man eher aus dem Versicherungsbereich kennt. Und dann wurde noch einmal eine Extraprovision von 3 % auf alle Umsätze der Vertriebe gezahlt. Und, Sie ahnen es bereits – auch hier kam noch eine weitere Bestandspflegeprovision hinzu.

Redaktion: Es gibt Gerüchte, dass ein bestimmter Vertriebspartner im November eine Rechnung im hohen sechsstelligen Bereich gestellt haben soll. Können Sie das bestätigen?

Thomas Bremer: Solche Gerüchte haben auch wir gehört. Falls sich das bewahrheitet, wäre das einfach nur irre. Es zeigt, wie skrupellos hier agiert wurde. Vom Wort „dein“ wurde bei der Einzahlung durch die Anleger sehr schnell „meins“. In diesem Ausmaß habe ich das in 20 Jahren wirklich noch nicht erlebt. Das Wort, das mir dazu einfällt, ist „zügellos“.

Redaktion: Wie bewerten Sie die Rolle des Vertriebs in dieser Angelegenheit?

Thomas Bremer: Für mich steht fest: Der Vertrieb hat hier auf ganzer Linie versagt. Die einzige Frage, die offenbar gestellt wurde, war: „Wann wird meine Provision überwiesen?“ Aus Sicht des Vertriebs vielleicht nachvollziehbar, weil das seine wirtschaftliche Grundlage war – aber an die Anleger hat niemand gedacht.

Redaktion: Haben Sie Mitleid mit den Vertriebsberatern, die jetzt verklagt werden?

Thomas Bremer: Nein, absolut nicht. Jeder Vertriebsberater hat nicht nur das Recht, Provisionen zu kassieren, sondern auch die verdammte Pflicht, das Kapital seiner Kunden zu schützen. Da muss man ein Geschäftsmodell hinterfragen. Man muss wissen wollen, was mit dem Anlegergeld passiert, wie der Fortschritt der Immobilienentwicklung aussieht usw. Doch das hat offenbar niemand getan. Und jetzt gibt es die Quittung dafür.

Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch.

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