Interviewer: Herr Bremer, Sie stehen in engem Austausch mit betroffenen Anlegern und beobachten das Insolvenzverfahren der DEGAG genau. Wie ist der aktuelle Stand?
Thomas Bremer: Auch in dieser Woche haben wir wieder rund 30 Gespräche mit Anlegern geführt und ihre Fragen beantwortet. Viele beschäftigen sich vor allem mit der Frage, wie es mit dem Insolvenzverfahren nun weitergeht. Derzeit gibt es einen Auftrag des Amtsgerichts Hameln an die Kanzlei Dr. Eckert aus Hannover, ein Insolvenzgutachten zu erstellen.
Interviewer: Was genau ist der Zweck eines solchen Gutachtens?
Thomas Bremer: Bevor ein Insolvenzverfahren offiziell eröffnet wird, muss geprüft werden, ob überhaupt ausreichend Insolvenzmasse vorhanden ist. Dazu braucht der Insolvenzverwalter Einsicht in die Unterlagen der DEGAG. Und genau da liegt das Problem: Nach unseren Informationen hatte die DEGAG in Hamburg nur ein virtuelles Büro und in Hameln lediglich ein Homeoffice. Zudem soll es einen Dienstleister im Ausland gegeben haben, der viele Büroabläufe für das Unternehmen abgewickelt hat. Es ist unklar, inwieweit der Insolvenzverwalter bereits Zugang zu diesen Unterlagen hat.
Interviewer: Was passiert, wenn die Insolvenzmasse nicht ausreicht?
Thomas Bremer: Wenn der Insolvenzverwalter zu dem Schluss kommt, dass keine ausreichende Insolvenzmasse vorhanden ist, könnte das Verfahren mangels Masse eingestellt werden. Das wäre natürlich eine schlechte Nachricht für die Anleger, denn ohne Insolvenzmasse gibt es auch keine Rückflüsse.
Interviewer: Welche Folgen hätte eine solche Einstellung konkret?
Thomas Bremer: Die Folgen wären gravierend:
- Keine Verteilung an Gläubiger – Anleger würden kein Geld zurückerhalten.
- Keine umfassende Aufarbeitung – Ein reguläres Insolvenzverfahren könnte helfen, wirtschaftliche Unregelmäßigkeiten aufzudecken. Ohne Verfahren bleiben diese Fragen ungeklärt.
- Strafrechtliche Ermittlungen bleiben trotzdem möglich – Sollte es Hinweise auf betrügerische Machenschaften geben, könnten dennoch strafrechtliche Verfahren folgen.
- Anleger müssen alternative juristische Wege prüfen – Dazu gehören mögliche zivilrechtliche Klagen gegen frühere Geschäftsführer oder das Abwarten auf behördliche Ermittlungen.
Interviewer: Halten Sie es für realistisch, dass das Verfahren tatsächlich eingestellt wird?
Thomas Bremer: Das ist schwer zu sagen, aber es ist nicht ausgeschlossen. Die betroffenen Gesellschaften waren Managementgesellschaften, deren Vermögen vermutlich eher gering ist. Falls der Insolvenzverwalter kein nennenswertes Vermögen identifizieren kann, könnte das Gericht entscheiden, das Verfahren nicht zu eröffnen.
Interviewer: Was bedeutet das für die betroffenen Anleger?
Thomas Bremer: Sollte das Verfahren eingestellt werden, wäre das natürlich eine herbe Enttäuschung für die Investoren. Ohne Insolvenzverfahren gibt es keine geregelte Abwicklung und keine Aussicht auf Rückzahlungen. Anleger müssten sich dann individuell überlegen, ob sie juristische Schritte gegen Verantwortliche einleiten. Auch strafrechtliche Ermittlungen könnten noch eine Rolle spielen.
Interviewer: Welche nächsten Schritte erwarten Sie in den kommenden Wochen?
Thomas Bremer: Zunächst wird sich zeigen, ob der Insolvenzverwalter überhaupt genügend Unterlagen bekommt, um das Verfahren durchzuführen. Parallel dazu werden die Behörden sicherlich genau prüfen, was in den letzten Jahren bei der DEGAG passiert ist. Wir werden die Entwicklungen weiter beobachten und die Anleger über neue Erkenntnisse informieren.
Interviewer: Herr Bremer, vielen Dank für das Gespräch.
Thomas Bremer: Gerne.