Die Bundestagswahl am 23. Februar 2025 wird erstmals nach einem neuen Wahlrecht abgehalten. Die wichtigste Änderung: Es gibt keine Überhang- und Ausgleichsmandate mehr, wodurch einige Direktkandidaten trotz Wahlsieg leer ausgehen könnten. Ziel der Reform ist es, den Bundestag auf maximal 630 Abgeordnete zu begrenzen. Was bedeutet das für die Wählerinnen und Wähler – und für die Kandidaten?
Zweitstimme bleibt entscheidend
Wie gewohnt gibt es bei der Bundestagswahl zwei Stimmen. Die Zweitstimme ist weiterhin die entscheidende, da sie bestimmt, wie viele Sitze eine Partei im Bundestag erhält. Erhält eine Partei beispielsweise 20 Prozent der Zweitstimmen, stellt sie auch 20 Prozent der Abgeordneten.
Mit der Zweitstimme wird eine Parteiliste gewählt, die von den Parteien vor der Wahl festgelegt wird. Diese Liste kann nicht verändert werden – wer eine Partei wählt, akzeptiert automatisch die Reihenfolge der Kandidaten auf dieser Liste.
Erststimme: Nicht alle Wahlkreis-Sieger kommen ins Parlament
Mit der Erststimme wird weiterhin ein Direktkandidat oder eine Direktkandidatin im jeweiligen Wahlkreis gewählt. Neu ist jedoch, dass nicht mehr alle Wahlkreissieger automatisch ein Bundestagsmandat erhalten.
Da die Gesamtzahl der Bundestagssitze bei 630 gedeckelt ist, kommt es darauf an, wie viele Sitze einer Partei insgesamt durch die Zweitstimmen zustehen. Falls mehr Direktkandidaten einer Partei gewählt werden, als ihr nach dem Zweitstimmen-Ergebnis zustehen, gehen die Kandidaten mit den schwächsten Erststimmenergebnissen leer aus.
Das bedeutet: Auch wenn ein Kandidat oder eine Kandidatin in einem Wahlkreis die meisten Stimmen erhält, kann es sein, dass er oder sie trotzdem nicht in den Bundestag einzieht.
„Verwaiste“ Wahlkreise – so werden die Sitze verteilt
Durch die Reform wird es künftig „verwaiste“ Wahlkreise geben, in denen die gewählten Direktkandidaten keinen Sitz erhalten. Stattdessen werden die Mandate nach folgendem Prinzip verteilt:
- Direktkandidaten einer Partei besetzen die ihr zustehenden Sitze in einem Bundesland zuerst.
- Reicht die Anzahl der direkt gewählten Kandidaten nicht aus, werden Listenkandidaten der Partei nachrücken.
- Sind es zu viele Direktmandate, bekommen die Kandidaten mit den schlechtesten Erststimmenergebnissen keinen Sitz.
Früher hätte dies zu Überhangmandaten geführt, die durch Ausgleichsmandate für andere Parteien ausgeglichen wurden – das entfällt nun vollständig.
5-Prozent-Hürde und Grundmandatsregel bleiben bestehen
Unverändert bleibt die 5-Prozent-Hürde: Parteien, die weniger als 5 Prozent der Zweitstimmen erhalten, ziehen nicht in den Bundestag ein – es sei denn, sie profitieren von der Grundmandatsregel.
Diese besagt: Erhält eine Partei mindestens drei Direktmandate, zieht sie mit ihrem gesamten Zweitstimmenanteil ins Parlament ein – selbst wenn sie unter 5 Prozent liegt.
Allerdings kann es nun passieren, dass eine Partei drei Direktmandate gewinnt und dadurch in den Bundestag einzieht – die betroffenen Kandidaten aber trotzdem keinen Sitz erhalten, weil ihre Partei bereits durch die Zweitstimmen „ausgebucht“ ist.
Fazit: Ein kompakterer Bundestag mit neuem Wahlsystem
Die Wahlrechtsreform sorgt für einen kleineren Bundestag und soll das Parlament effizienter machen. Während sich für Wählerinnen und Wähler nichts ändert, müssen sich die Kandidaten auf ein neues Machtgefüge einstellen: Ein Direktmandat garantiert keinen Sitz mehr, stattdessen bestimmt die Zweitstimme maßgeblich, welche Partei wie viele Abgeordnete stellt.
Für Parteien bedeutet dies, dass Listenplätze noch wichtiger werden – und für Wahlkreis-Kandidaten kann es trotz Wahlsieg am Ende heißen: Kein Platz im Bundestag.