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Handwerker-Betrug in Deutschland: Prozess gegen ‚Handwerker-Engel‘ startet in Regensburg

Däumling (CC0), Pixabay

Heute beginnt am Landgericht Regensburg der Prozess gegen die mutmaßlichen Drahtzieher der Firma „Handwerker-Engel“. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, über Jahre hinweg bundesweit Menschen mit überhöhten Rechnungen und unqualifizierten Handwerkern betrogen zu haben. Insgesamt sind über 200 Fälle aktenkundig, bei denen Kundinnen und Kunden massiv überteuerte Dienstleistungen zahlen mussten.

Hintergrund: Wie die Masche funktionierte

Die Beschuldigten sollen mit einem Call-Center in Regensburg gearbeitet haben, das Handwerksdienstleistungen über ein komplexes Netzwerk aus Webseiten vermittelte. Kunden, die online nach lokalen Handwerkern suchten, wurden gezielt auf diese Webseiten geleitet. Dort wurden sie mit professionell gestalteten Angeboten in die Irre geführt und glaubten, einen echten Fachbetrieb aus ihrer Umgebung zu kontaktieren. Tatsächlich landeten sie jedoch bei der Vermittlungszentrale der Angeklagten.

Laut den Ermittlern sollten die Call-Center-Mitarbeiter gezielt vermeiden, am Telefon Preise zu nennen. Interne Schulungsunterlagen, die dem Bayerischen Rundfunk vorliegen, enthielten Anweisungen wie: „Lass dich nicht einfach von dem Kunden ausfragen und bleib der Gesprächsführer.“ In vielen Fällen führte dies dazu, dass Kunden Handwerker bestellten, ohne über die später fälligen Wucherpreise informiert zu sein.

Betrug und Wucher: Schockierende Preise für Notfälle

Die Liste der überhöhten Rechnungen ist lang:

  • 555 Euro für das Öffnen einer Tür innerhalb weniger Sekunden,
  • 1.725 Euro für eine verstopfte Toilette,
  • 910 Euro für die Entfernung eines Wespennests,
  • 2.847 Euro für eine Polsterreinigung, die eigentlich nur 240 Euro kosten sollte.

Die betroffenen Kunden berichteten, dass die vor Ort auftauchenden Monteure nicht nur überzogene Preise verlangten, sondern teilweise auch Druck ausübten, um eine sofortige Zahlung in bar oder per Karte zu erzwingen. Verbraucherschützer haben zudem dokumentiert, dass es in einigen Fällen zu Drohungen gegenüber Kunden kam, die sich weigerten, die horrenden Rechnungen zu begleichen.

Provisionsmodell als Anreiz für Betrug

Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass die fünf Angeklagten, darunter ein 56-jähriger Regensburger als mutmaßlicher Hauptverantwortlicher, direkt von den hohen Rechnungen profitierten. Die „fliegenden Monteure“, die über die Plattform vermittelt wurden, mussten eine Provision von rund 50 Prozent an die Betreiber der Vermittlung zahlen. Das System sei daher darauf ausgelegt gewesen, möglichst hohe Summen von den Kunden zu kassieren.

Obwohl in den Verträgen mit den Handwerkern offiziell Klauseln existierten, die eine faire Preisgestaltung vorschrieben, sollen die Betreiber genau gewusst haben, dass sich die Monteure nicht daran hielten. Vielmehr sei es den Angeklagten egal gewesen, ob Kunden betrogen wurden, solange die Umsätze stimmten.

Regensburger Mammutprozess mit über 40 Verhandlungstagen

Der Prozess dürfte sich über viele Monate ziehen, da das Landgericht über 40 Verhandlungstage angesetzt hat. Da die Staatsanwaltschaft jeden einzelnen Betrugsfall mit Zeugenaussagen belegen will, müssen zahlreiche Betroffene vor Gericht aussagen.

Sollte sich die Anklage bestätigen, drohen den Beschuldigten empfindliche Strafen wegen bandenmäßigen Betrugs und Wuchers. Die Aufarbeitung dieses mutmaßlichen Millionenbetrugs könnte auch zu weiteren Ermittlungen gegen ähnliche Netzwerke führen.

 

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