In wenigen Tagen wird in Deutschland ein neuer Bundestag gewählt. Gestern Abend trafen die Kanzlerkandidaten und die einzige Kanzlerkandidatin im deutschen Privatsender RTL zum ersten „Quadrell“ aufeinander. Eines der zentralen Themen der Debatte war die Abgrenzung der CDU/CSU von der AfD.
Streit um Abgrenzung zur AfD
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) griff CDU-Chef Friedrich Merz scharf an und warf ihm erneut vor, sich bei einer Abstimmung zur Migrationspolitik auf die Stimmen der in Teilen rechtsextremen AfD gestützt zu haben. Merz bezeichnete diese Kritik als „Popanz“ und stellte klar, dass eine Zusammenarbeit der Union mit der AfD nicht infrage komme. Als warnendes Beispiel nannte er Österreich, wo die konservative ÖVP zeitweise mit der rechtspopulistischen FPÖ koaliert hatte – mit dem Ergebnis, dass die FPÖ nun die stärkste politische Kraft sei. Dies wolle er in Deutschland verhindern.
AfD-Kanzlerkandidatin Alice Weidel reagierte empört, als Scholz in diesem Zusammenhang auf die historische Verantwortung Deutschlands verwies. „Wir haben unsere Lehren aus der Geschichte gezogen und arbeiten nicht mit extremen Rechten zusammen“, betonte Scholz. Weidel wies den Vergleich entschieden zurück: „Diesen Vorwurf finde ich skandalös. Ich lehne ihn für mich persönlich und für die gesamte Partei ab.“
Scholz erinnerte daraufhin an eine Aussage des AfD-Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland aus dem Jahr 2018, in der dieser Hitler und die Nazis als „nur einen Vogelschiss in über 1.000 Jahren erfolgreicher deutscher Geschichte“ bezeichnet hatte. Weidel wich einer klaren Antwort darauf aus und konterte stattdessen: „Sie können mich hier beleidigen, so viel Sie wollen, Herr Scholz. Damit beleidigen Sie Millionen von Wählern.“ Mehrere Nachfragen der Moderatoren zu Gaulands Äußerung ließ Weidel unbeantwortet und verwies darauf, dass man ihn selbst dazu befragen müsse.
Zugleich kritisierte Weidel ein angeblich „unverschämtes Framing“ ihrer Partei und bezeichnete die AfD als „freiheitlich-konservative Kraft“.
Debatte über Migration und Abschiebungen
Ein weiteres kontroverses Thema des Abends war die Migrationspolitik. Merz forderte eine drastische Erhöhung der Abschiebungen und warf der grünen Außenministerin Annalena Baerbock vor, zwar weiterhin Geflüchtete aufzunehmen, aber keine Gespräche mit den Taliban über Rückführungen nach Afghanistan zu führen.
Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) wies diese Forderung entschieden zurück. „Die Taliban sind ein Terrorregime, mit dem man keine Deals machen sollte“, betonte er und warnte davor, durch Verhandlungen mit den Islamisten deren Herrschaft indirekt anzuerkennen.
Weidel sprach von einem „Kontrollverlust“, den die Bürger nicht länger hinnehmen wollten, und forderte schärfere Grenzkontrollen. Auf die Nachfrage der Moderatorin, wie dies bei einer deutschen Außengrenze von rund 3.900 Kilometern konkret umgesetzt werden solle, antwortete sie ausweichend: „Fragen Sie das die Bundespolizei, ich bin Politikerin.“
Das erste „Quadrell“ offenbarte deutliche Gegensätze zwischen den Kandidaten und ließ wenig Spielraum für Kompromisse – insbesondere in den Fragen der Migration und der Abgrenzung zur AfD. Die Wählerinnen und Wähler haben nun die Aufgabe, in wenigen Tagen an der Wahlurne über die zukünftige Richtung des Landes zu entscheiden.