Einkaufszentren in den USA erleben eine Revolution. Während viele in den vergangenen Jahren als aussterbende Relikte galten, erleben sie nun eine Neubelebung durch ein modernes Konzept: Mixed-Use-Entwicklungen. Diese kombinieren Wohnen, Arbeiten, Freizeit und Shopping an einem Ort und machen Einkaufszentren zu lebendigen Stadtteilen.
Vom Shopping-Tempel zum Lebensraum
Lange Zeit waren Kaufhäuser die Hauptattraktion amerikanischer Malls. Doch der Online-Handel hat das Kaufverhalten grundlegend verändert, wodurch viele große Ankermieter wie Sears oder Macy’s schließen mussten. Um relevant zu bleiben, setzen Entwickler jetzt auf eine komplette Umstrukturierung.
„Es geht nicht mehr nur ums Einkaufen“, erklärt Ray Wimer, Einzelhandelsexperte der Syracuse University. „Malls werden zu Orten des Wohnens, der Unterhaltung und der Gemeinschaft.“
Statt nur Geschäfte und Restaurants gibt es nun:
- Wohnungen & Apartments direkt im Einkaufszentrum
- Fitnessstudios & medizinische Einrichtungen
- Co-Working-Spaces & Büroflächen
- Hotels & Freizeitangebote
Diese neuen Zentren sollen vor allem jüngere Menschen und kinderlose Paare anziehen, die eine urbane, bequeme Lebensweise suchen.
Beispiele für erfolgreiche Umwandlungen
Laut einer Analyse des Immobilienunternehmens Jones Lang LaSalle (JLL) aus dem Jahr 2023 setzen 46 % der Malls auf Mixed-Use-Konzepte.
Einige Beispiele:
- Moorestown Mall (New Jersey): Ein ehemaliger Sears-Standort wurde in eine dreistöckige medizinische Einrichtung von Cooper University Health Care umgewandelt. Zusätzlich entstehen 375 neue Wohnungen.
- Northgate Station (Seattle): Hier wird ein Gesundheitszentrum mit 234 neuen Wohneinheiten kombiniert.
- FlatIron Crossing (Colorado): Das neue Quartier „HiFi“ verbindet Gastronomie, Einzelhandel und Unterhaltung mit einer fünfstöckigen Wohnanlage.
- Avalon Alderwood Place (Seattle): Ein ehemaliges Sears-Kaufhaus wurde zu hochwertigen Apartments umgebaut – mit Mieten von 1.860 $ für ein Studio bis zu 3.885 $ für eine Drei-Zimmer-Wohnung.
„Diese Entwicklungen richten sich an Menschen, die eine fußgängerfreundliche, urbane Umgebung bevorzugen“, sagt Katie Bucklew, Vizepräsidentin für Mixed-Use-Entwicklung bei AvalonBay.
Vorteile für Umwelt und Stadtplanung
Ein weiterer Pluspunkt: Mixed-Use-Entwicklungen sind nachhaltiger. Durch die Kombination von Wohnen und Arbeiten können Wege reduziert werden, wodurch weniger Autos benötigt werden. „Man könnte das Auto komplett abschaffen und auf Fußwege, Fahrräder und öffentliche Verkehrsmittel setzen“, erklärt Shlomo Angel, Stadtplaner an der NYU.
Herausforderungen und Kritik
Trotz der Vorteile gibt es auch Widerstände gegen diese Entwicklungen:
- Verkehrsprobleme: Kritiker befürchten, dass eine höhere Bevölkerungsdichte zu Staus und überlasteter Infrastruktur führt.
- Ablehnung durch Anwohner: Bestehende Gemeinden sind oft skeptisch gegenüber neuen Bewohnern in Vorstadtgebieten.
- Technische Herausforderungen: Abwasser-, Strom- und Bildungssysteme müssen an die wachsende Bevölkerung angepasst werden.
- Wenig Privatsphäre: In einer Mall zu wohnen bedeutet mehr Lärm und weniger Außenbereiche.
- Kleine Apartments: Viele Wohnungen sind kompakt, um Kosten zu sparen – oft ohne eigene Küchen oder Waschmaschinen.
Fazit: Die Zukunft der Einkaufszentren?
Das klassische Einkaufszentrum gehört der Vergangenheit an – stattdessen entstehen moderne, multifunktionale Lebensräume. Mixed-Use-Malls könnten eine Antwort auf den Niedergang des stationären Handels und die wachsende Nachfrage nach urbanem Wohnen sein.
Ob sich dieses Modell flächendeckend durchsetzt, wird davon abhängen, wie gut die Infrastruktur angepasst wird und ob sich Menschen wirklich vorstellen können, in einem Einkaufszentrum zu leben.