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Interview mit Thomas Bremer zur DEGAG-Insolvenz: „Da gibt es sicherlich Klärungsbedarf“

Tumisu (CC0), Pixabay

VSFB: Herr Bremer, Sie haben sich intensiv mit der wirtschaftlichen Schieflage der DEGAG-Gruppe befasst. Wie bewerten Sie die aktuelle Lage?

Thomas Bremer: Nun, wir haben es hier mit einer durchaus brisanten Situation zu tun. Die Insolvenzkanzlei Eckert wird sicherlich einiges zu prüfen haben. Besonders spannend ist für mich die Rolle von Hans Peter Hierse, dem ehemaligen Vorstand. Obwohl er Mitte 2024 aus dem Unternehmen ausgeschieden ist, dürfte er eine Schlüsselfigur gewesen sein – möglicherweise auch die Person, die am meisten verdient hat.

VSFB: Dagegen wäre ja grundsätzlich nichts einzuwenden – sofern alles korrekt ablief.

Thomas Bremer: Genau. Aber es gibt einige Punkte, die durchaus Klärungsbedarf haben. Ein Beispiel ist der Vertriebsvertrag mit der Vascoroma Investment GmbH, jener Gesellschaft, die von Frau Hierse, der Ehefrau des Ex-Vorstands, geführt wird.

VSFB: Was genau wirft Fragen auf?

Thomas Bremer: Vor allem die angeblichen 3 % Umsatzbeteiligung. Uns interessiert, wofür genau diese Provision gezahlt wurde und auf welchen Umsatz sie sich bezieht. Außerdem steht die Behauptung im Raum, dass die DEGAG Holding noch eine Forderung in Höhe von 800.000 Euro übermittelt bekommen hat – die möglicherweise zur Insolvenzanmeldung beigetragen hat. Das sollte dringend geklärt werden.

VSFB: Welche rechtlichen Konsequenzen könnte das haben?

Thomas Bremer: Sollte sich herausstellen, dass diese Zahlungen ungerechtfertigt waren, könnte das durchaus Rückforderungsansprüche nach sich ziehen. Frau Hierse wird sicherlich detailliert nachweisen müssen, worauf sich diese Provisionsansprüche begründen. Und auch Herr Hierse könnte bei möglichen Regressforderungen von Anlegern nicht außen vor bleiben.

VSFB: Gibt es eine Möglichkeit, dass Anleger ihr Geld zurückbekommen?

Thomas Bremer: Theoretisch ja. Meines Wissens gibt es eine D&O-Versicherung für den Vorstand, die in Anspruch genommen werden könnte. Allerdings dürfte deren Haftungsrisiko begrenzt sein – üblich sind Summen von 1 bis 2 Millionen Euro pro Jahr. Anleger sollten hier schnell handeln, bevor der Insolvenzverwalter selbst darauf zugreift.

VSFB: Könnte auch die Vascoroma Investment GmbH in die Haftung genommen werden?

Thomas Bremer: Das hängt davon ab, ob sie über eine Vermögensschadenhaftpflichtversicherung verfügt. Falls ja, könnte diese für mögliche Schadensersatzzahlungen einspringen – aber das müsste Frau Hierse dann entsprechend darlegen. In jedem Fall gilt: In Anspruch genommen zu werden heißt nicht automatisch, dass gezahlt werden muss – das entscheiden am Ende die Gerichte.

VSFB: Ein weiteres großes Thema ist der Ankauf der Immobilien. Gibt es hier Auffälligkeiten?

Thomas Bremer: Ja, das ist ein weiteres spannendes Feld. Mich interessiert, wer genau die Immobilienvermittlung gesteuert hat und über welches Unternehmen sie lief. Einige der Standorte, die mir bekannt sind, könnten durchaus in die Sendung „Die schwer Vermittelbaren“ passen.

VSFB: Welche Rolle spielt der Immobilienverkauf für die Insolvenzmasse?

Thomas Bremer: Eine ganz entscheidende! Nur durch den Verkauf der Immobilien wird es möglich sein, die Insolvenzmasse zu erhöhen. Aber hier stellt sich die Frage des richtigen Timings. Derzeit haben wir einen Käufermarkt, was bedeutet, dass Immobilien günstig aufgekauft werden – keine gute Voraussetzung für hohe Erlöse. Möglicherweise wäre es klüger, mit dem Verkauf noch zu warten, bis sich die Marktlage verbessert.

VSFB: Abschließend gefragt: Was raten Sie betroffenen Anlegern?

Thomas Bremer: Schnell handeln! Sich rechtlich beraten lassen, Ansprüche prüfen und vor allem nicht einfach abwarten. Die Insolvenzkanzlei wird ihren Job machen – aber Anleger sollten parallel ihre eigenen Schritte unternehmen, um nicht am Ende leer auszugehen.

VSFB: Herr Bremer, vielen Dank für das Gespräch!

Thomas Bremer: Sehr gerne!

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