Ein Interview mit Rechtsanwalt Maurice Högel über die Gefahren von „Treuhandagenten“-Betrug bei Jugendlichen.
Herr Högel, immer mehr Jugendliche in Schleswig-Holstein werden Opfer von Betrügern, die sie als sogenannte „Treuhandagenten“ anwerben. Was steckt hinter dieser Masche?
Maurice Högel: Bei dieser Betrugsmasche handelt es sich um eine perfide Strategie, bei der Jugendliche als unwissentliche Komplizen für kriminelle Geldwäsche genutzt werden. Die Täter bieten vermeintlich attraktive „Jobs“ an, bei denen die Jugendlichen ihr Bankkonto zur Verfügung stellen sollen, um Überweisungen zu empfangen und weiterzuleiten. Dafür wird ihnen eine Provision versprochen. Was viele nicht wissen: Sobald sie ihr Konto zur Verfügung stellen, machen sie sich strafbar – in diesem Fall wegen des Verdachts auf Geldwäsche.
Ein besonders drastischer Fall in Rendsburg zeigt, dass die Jugendlichen oft auch selbst finanziellen Schaden erleiden. Was ist passiert?
Högel: In Rendsburg ist ein 17-Jähriger auf die Betrugsmasche hereingefallen. Er hatte sein Konto für mehrere Überweisungen freigegeben, musste dann aber feststellen, dass die Betrüger weit über die vereinbarten Transaktionen hinausgingen. Sie hoben 1.000 Euro von seinem Konto ab und nutzten seine EC-Karte mehrfach unbefugt. Insgesamt verlor der Jugendliche 2.500 Euro. Das Schlimmste ist, dass er zusätzlich mit rechtlichen Konsequenzen rechnen muss, weil er sich unwissentlich an kriminellen Aktivitäten beteiligt hat.
Ein 19-Jähriger aus Lübeck hat berichtet, dass er sogar bedroht wurde, als er sich aus der Zusammenarbeit mit den Betrügern lösen wollte. Wie gefährlich ist diese Masche für die Betroffenen?
Högel: Diese Fälle zeigen, dass Betrüger nicht nur finanziell, sondern auch physisch eine Gefahr darstellen können. In Lübeck hat ein junger Mann einem Bekannten seine EC-Karte samt PIN überlassen, damit dieser Geld abheben konnte. Als der 19-Jährige später misstrauisch wurde und sich zurückziehen wollte, erfuhr er von einem anderen Opfer, das beim Versuch auszusteigen bedroht und geschlagen wurde. Solche Geschichten sind leider keine Seltenheit. Die Täter agieren oft skrupellos und setzen ihre „Finanzagenten“ unter Druck, wenn sie nicht mehr mitmachen wollen.
Die Täter rekrutieren ihre Opfer vor allem über Social Media. Warum sind gerade junge Menschen eine Zielgruppe?
Högel: Junge Menschen zwischen 17 und 20 Jahren sind besonders anfällig für solche Maschen, weil sie oft wenig Erfahrung mit Geld, rechtlichen Konsequenzen und betrügerischen Angeboten haben. Die Täter sprechen sie auf Plattformen wie Instagram, Snapchat oder TikTok an und präsentieren sich als seriöse Arbeitgeber. Die Stellenanzeigen wirken auf den ersten Blick harmlos: einfache Arbeit, hohe Provisionen und scheinbar kein Risiko. Dabei ist kaum erkennbar, dass es sich um ein kriminelles Angebot handelt – bis es zu spät ist.
Was passiert rechtlich, wenn Jugendliche auf diese Masche hereinfallen?
Högel: Sobald jemand sein Konto für solche Aktivitäten bereitstellt, bewegt er sich im Bereich der Geldwäsche. Auch wenn die Jugendlichen nicht wissen, dass sie sich strafbar machen, schützt Unwissenheit vor Strafe nicht. Das LKA ermittelt in solchen Fällen, und je nach Ausmaß kann es zu einer Anzeige wegen Beihilfe zur Geldwäsche kommen. Besonders problematisch ist, dass die Jugendlichen oft selbst finanziellen Schaden erleiden – wie im Rendsburger Fall – und auf dem Verlust sitzen bleiben.
Welche Warnzeichen sollten junge Menschen beachten, um sich vor solchen Betrügern zu schützen?
Högel: Es gibt einige klare Warnsignale. Seriöse Arbeitgeber verlangen niemals, dass man sein eigenes Konto für fremde Überweisungen bereitstellt. Auch Jobangebote, die hohe Provisionen für kaum Arbeit versprechen, sollten skeptisch machen. Wenn Begriffe wie „Finanzagent“, „Treuhandagent“ oder „Prozessmanager“ auftauchen, ist Vorsicht geboten – das sind oft Tarnbegriffe für illegale Aktivitäten. Außerdem rate ich dringend davon ab, einem Fremden oder sogar Bekannten die EC-Karte oder die PIN zu überlassen.
Was raten Sie Jugendlichen, die bereits in eine solche Masche hineingeraten sind?
Högel: Wer merkt, dass er in eine solche Masche verwickelt wurde, sollte so schnell wie möglich handeln. Der erste Schritt ist, die Zusammenarbeit sofort zu beenden und die Bank zu informieren, um das Konto zu sperren. Danach sollten Betroffene unbedingt zur Polizei gehen und Anzeige erstatten. Wichtig ist, dass sie sich rechtlichen Beistand holen, um die Konsequenzen zu minimieren und den Schaden zu begrenzen.
Herr Högel, vielen Dank für Ihre Einschätzungen und Ratschläge!