Ein Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev über die Risiken unseriöser Festgeld-Angebote und wie sich Verbraucher schützen können.
Frau Bontschev, Festgeld wird oft als sichere Anlagemöglichkeit beworben. Doch immer mehr Menschen werden Opfer von Betrügern. Was macht diese Masche so gefährlich?
Kerstin Bontschev: Festgeld-Angebote gelten bei Anlegern als besonders sicher, da sie keine Kursschwankungen beinhalten und verlässliche Renditen versprechen. Genau das nutzen Betrüger aus. Sie präsentieren scheinbar seriöse Angebote auf professionellen Webseiten, mit realistisch wirkenden Verträgen und sogar falschen Gütesiegeln. Viele Verbraucher schöpfen keinen Verdacht, weil alles auf den ersten Blick glaubwürdig aussieht. Doch sobald Geld überwiesen wurde, herrscht Funkstille – und das Geld ist weg.
Ein Beispiel aus der Praxis zeigt, wie leichtgläubig Menschen in die Falle tappen. Maria und Alfred K. verloren 100.000 Euro. Wie ist so etwas möglich?
Bontschev: In diesem Fall haben die Betrüger alle typischen Taktiken angewandt: Sie lockten das Paar mit einem Zinssatz, der besser war als das, was herkömmliche Banken anbieten. Die Webseite wirkte seriös, der „Vermittler“ war freundlich und sehr überzeugend. Als die beiden das Geld überwiesen hatten, stellten sie später fest, dass das angebliche Konto bei der spanischen Bank gar nicht auf ihren Namen lief. Das zeigt, wie ausgeklügelt die Betrüger arbeiten und wie schwierig es ist, den Betrug frühzeitig zu erkennen.
Woran können Verbraucher unseriöse Festgeld-Angebote erkennen? Gibt es typische Warnsignale?
Bontschev: Ja, es gibt einige klare Warnzeichen. Zum Beispiel muss ein Festgeldkonto immer mit einer Legitimationsprüfung eröffnet werden – entweder persönlich in einer Filiale oder per Post- oder Video-Ident-Verfahren. Wenn lediglich eine Ausweiskopie verlangt wird, sollten bei Anlegern die Alarmglocken schrillen. Auch ungewöhnlich hohe Zinsen sind ein häufiges Warnsignal. Es gilt: Wenn die Konditionen zu gut sind, um wahr zu sein, sind sie es meistens auch.
Ein weiteres Problem ist die Nutzung von manipulierten Webseiten. Verbraucher sollten das Impressum genau prüfen und die angegebene Firma in der Unternehmensdatenbank der BaFin suchen. Wichtig: Kontaktieren Sie die Bank oder den Vermittler nicht über die angegebenen Kontaktdaten auf der Webseite. Oft führen diese direkt zu den Betrügern.
Was können Betroffene tun, wenn sie bereits Geld überwiesen haben?
Bontschev: Schnelles Handeln ist entscheidend. Zuerst sollte die eigene Bank sowie die Bank des Empfängers informiert werden, um eine Rückbuchung der Überweisung zu versuchen. Parallel dazu ist es wichtig, Strafanzeige bei der Polizei zu erstatten. Viele Betroffene zögern, weil sie sich schämen oder glauben, dass nichts mehr zu retten ist – aber das ist falsch. Jede Anzeige hilft, Betrügernetzwerke besser aufzudecken und andere zu schützen.
Ein weiterer wichtiger Punkt sind vermeintlich seriöse Vergleichsportale, die solche Angebote listen. Wie können Verbraucher diese überprüfen?
Bontschev: Vergleichsportale können leicht von Betrügern nachgeahmt werden. Eine sogenannte „WHOIS-Domainabfrage“ kann helfen, die Hintergründe einer Webseite zu prüfen. Oft geben solche Portale an, jahrelang am Markt zu sein, obwohl die Domain erst seit wenigen Wochen registriert ist. Es lohnt sich auch, Erfahrungsberichte von anderen Verbrauchern zu suchen und Warnlisten, wie die von Stiftung Warentest, zu konsultieren. Hier findet man viele Hinweise auf bekannte unseriöse Anbieter.
Welche Maßnahmen raten Sie Verbrauchern, um sich vor Festgeld-Betrug zu schützen?
Bontschev: Mein wichtigster Rat ist: Lassen Sie sich Zeit. Betrüger setzen oft auf Druck, indem sie behaupten, das Angebot sei nur kurz verfügbar. Das ist eine typische Taktik. Prüfen Sie alle Angaben genau und suchen Sie nach unabhängigen Informationen über den Anbieter. Gehen Sie niemals auf ein Angebot ein, bei dem Sie nur per Telefon oder E-Mail kommunizieren können, ohne die Möglichkeit einer persönlichen Identifikation.
Und ganz wichtig: Geben Sie niemals Ihre Konto- oder Zugangsdaten an Dritte weiter, auch nicht in Form von Ausweiskopien. Seriöse Anbieter fragen nicht danach.
Frau Bontschev, vielen Dank für Ihre wichtigen Hinweise und Empfehlungen!