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Großbritanniens KI-Offensive: Bedroht der Datenhunger die Trinkwasserversorgung?
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Großbritanniens KI-Offensive: Bedroht der Datenhunger die Trinkwasserversorgung?

analogicus (CC0), Pixabay

Die ehrgeizigen Pläne von Sir Keir Starmer, das Vereinigte Königreich zum weltweiten Vorreiter in der Künstlichen Intelligenz (KI) zu machen, stoßen auf unerwartete Kritik – und das nicht wegen ethischer Bedenken oder Arbeitsplatzverlusten, sondern wegen einer potenziellen Bedrohung der Trinkwasserversorgung. Branchenexperten haben gegenüber der BBC gewarnt, dass die für KI benötigten Rechenzentren enorme Mengen an Wasser verbrauchen, was die ohnehin knappen Wasserressourcen Großbritanniens weiter belasten könnte.

Datenzentren: Durstige Riesen im digitalen Zeitalter

Rechenzentren sind das Rückgrat der KI-Revolution. Sie verarbeiten riesige Datenmengen und benötigen dafür nicht nur Strom in rauen Mengen, sondern auch Wasser zur Kühlung der Server. Laut Dr. Venkatesh Uddameri, einem Experten für Wassermanagement, kann ein durchschnittliches Rechenzentrum zwischen 11 und 19 Millionen Liter Wasser pro Tag verbrauchen – so viel wie eine Stadt mit 30.000 bis 50.000 Einwohnern.

Während Unternehmen wie Microsoft und Google betonen, effizientere Kühlsysteme zu entwickeln, bleibt die Realität besorgniserregend: Microsofts Wasserverbrauch stieg während der Entwicklung seiner ersten KI-Tools um 34 %, und ein Rechenzentrum in Iowa verbrauchte während des Trainings von OpenAIs GPT-4 sechs Prozent der regionalen Wasserversorgung – in nur einem Monat.

Regionale Auswirkungen: Südengland unter Druck

Besonders kritisch ist die Lage im Süden Englands, wo Bevölkerungswachstum und Klimawandel bereits für Wasserknappheit sorgen. Die britische Regierung plant den Bau von neun neuen Stauseen, um die Gefahr von Wasserknappheit und Bewässerungsverboten zu verringern. Ironischerweise befinden sich einige dieser geplanten Wasserspeicher in unmittelbarer Nähe von neuen Rechenzentren.

Ein Beispiel: In Culham, Oxfordshire, entsteht ein KI-Wachstumszentrum auf dem Gelände der UK Atomic Energy Authority, nur sieben Meilen von einem geplanten neuen Reservoir in Abingdon entfernt. Dieses Reservoir soll die Region Thames Valley, London und Hampshire mit Wasser versorgen – doch wie viel Wasser die benachbarten Rechenzentren beanspruchen werden, ist unklar.

Regierung und Industrie: Nachhaltigkeit als Herausforderung

Das Ministerium für Wissenschaft, Innovation und Technologie räumt ein, dass Rechenzentren vor „Nachhaltigkeitsherausforderungen“ stehen. Dennoch werden die als „kritische nationale Infrastruktur“ eingestuften Datenzentren bevorzugten Zugang zum Stromnetz erhalten. Über die Auswirkungen auf die Wasserversorgung wurde bislang jedoch kaum gesprochen.

Die Royal Academy of Engineering fordert in einem aktuellen Bericht strengere Umweltauflagen für Rechenzentren, darunter die verpflichtende Offenlegung des Wasserverbrauchs und die Reduktion des Einsatzes von Trinkwasser für Kühlzwecke. Professor Tom Rodden, Mitautor des Berichts, warnt: „Ohne entschlossenes Handeln droht die Entwicklung und Nutzung von KI, der Umwelt irreparablen Schaden zuzufügen.“

Die Reaktion der Wasserindustrie: Unklare Verantwortlichkeiten

Thames Water, der größte Wasserversorger Großbritanniens, hat bereits 2022 angekündigt, den Wasserverbrauch von Rechenzentren zu überprüfen, insbesondere während Hitzewellen. Trotzdem fanden die Aktivisten der Gruppe Foxglove heraus, dass Thames Water im darauffolgenden Jahr immer noch keine genauen Daten zum Wasserverbrauch seiner Rechenzentrumskunden hatte.

Offiziell verweist Thames Water auf seinen Fünfjahresplan, der zwar keine rechtliche Verpflichtung vorsieht, Unternehmen mit Wasser zu versorgen, aber vor der Einstufung von Rechenzentren als kritische Infrastruktur erstellt wurde. Diese Einstufung könnte es Rechenzentren erleichtern, trotz regionaler Wasserknappheit an die benötigten Ressourcen zu gelangen.

Globale Parallelen: Widerstand gegen datengetriebene Wasserfresser

Der Widerstand gegen Rechenzentren wächst weltweit, insbesondere in wasserarmen Regionen. In Chile stoppte Google den Bau eines Rechenzentrums aufgrund von Protesten gegen den Wasserverbrauch. In Uruguay musste das Unternehmen seine Kühlsysteme nach ähnlichen Protesten umgestalten.

Auch in Großbritannien mehren sich die Stimmen gegen den Bau neuer Rechenzentren. Martha Dark, Geschäftsführerin von Foxglove, fordert die Regierung auf, transparent zu machen, wie die Pläne für neue Rechenzentren mit der langfristigen Sicherung der Trinkwasserversorgung vereinbar sind.

Der Blick in die Zukunft: Nachhaltige Lösungen gefordert

Die Technologiebranche verteidigt sich mit dem Hinweis auf neue, wassersparende Kühlsysteme. So setzt Microsoft in neuen Rechenzentren in Phoenix und Wisconsin auf geschlossene Kühlsysteme, die Wasser wiederverwenden. Unternehmen wie Digital Realty testen KI-Tools zur Analyse von Betriebsdaten, um Wasserverbrauch zu senken. Aaron Binckley, Vizepräsident für Nachhaltigkeit bei Digital Realty, sieht darin einen Beweis, dass „KI nicht nur technologischen Fortschritt, sondern auch Nachhaltigkeit vorantreiben kann.“

Doch solche Maßnahmen könnten zu spät kommen. Die britische Umweltbehörde schätzt, dass allein England bis 2050 täglich fünf Milliarden Liter zusätzliches Wasser benötigen wird, um die Bevölkerung zu versorgen. Die Frage bleibt, ob die Infrastruktur schnell genug angepasst werden kann, um sowohl den Durst der Rechenzentren als auch der Bevölkerung zu stillen.

Fazit: Ein Balanceakt zwischen technologischem Fortschritt und Umweltverantwortung

Die KI-Offensive der britischen Regierung könnte das Land an die Spitze der technologischen Innovation katapultieren – doch zu welchem Preis? Ohne klare Richtlinien für den Wasserverbrauch der Rechenzentren und transparente Berichterstattung droht ein Interessenkonflikt zwischen wirtschaftlichem Wachstum und ökologischer Nachhaltigkeit. Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Spagat zwischen technologischem Fortschritt und Umweltverantwortung gelingt.

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