Moderne Smartphones sind für viele von uns unverzichtbar – aber sie sind auch eine Goldgrube für Datenhändler. Besonders Standortdaten werden massenhaft abgegriffen und verkauft, oft ohne das Wissen der Nutzer. Recherchen des Bayerischen Rundfunks (BR) in Zusammenarbeit mit Netzpolitik.org und „Le Monde“ zeigen das ganze Ausmaß: Über 40.000 Apps für Apple- und Android-Geräte haben offenbar präzise Standortdaten von Nutzer:innen weitergegeben. In Deutschland betrifft das rund 800.000 Menschen.
Welche Apps sind betroffen?
Die Liste der verdächtigen Anwendungen liest sich wie ein Who’s who beliebter Alltags-Apps:
Wetter Online, Flightradar 24, Focus Online, Kleinanzeigen
Spiele wie Candy Crush
Dating-Apps wie Tinder, Grindr und Lovoo
E-Mail-Dienste wie Web.de und GMX
Hier stellt sich die Frage: Warum sollte eine Wetter-App oder eine E-Mail-App Standortdaten sammeln? Offensichtlich nicht, um das Wetter genauer vorherzusagen oder E-Mails effizienter zuzustellen, sondern um hochwertige Bewegungsprofile für Werbezwecke zu erstellen.
Das Geschäft mit unseren Standortdaten
Die gesammelten Daten landen oft bei internationalen Datenhändlern, die Bewegungsprofile der Nutzer:innen erstellen und an Werbeunternehmen weiterverkaufen. Man kann also durchaus sagen: Verbraucher werden unbemerkt ausspioniert – und das völlig legal.
Viele dieser Apps nutzen das Geschäftsmodell personalisierter Werbung, bei dem Daten von Millionen Menschen erfasst und in Echtzeit analysiert werden. Dadurch kann nicht nur nachverfolgt werden, wo sich Nutzer:innen aufhalten, sondern auch, wann sie zu Hause sind, wann sie zur Arbeit gehen und welche Orte sie regelmäßig besuchen.
Was können Verbraucher tun?
Zum Glück gibt es Möglichkeiten, sich gegen diesen Datenmissbrauch zu schützen:
App-Berechtigungen prüfen und einschränken:
In den Einstellungen von iOS und Android kann man festlegen, welche Apps Zugriff auf den Standort haben.
Die Verbraucherzentrale empfiehlt, den Standortzugriff nur dann zu erlauben, wenn es wirklich nötig ist – zum Beispiel für Navigations-Apps.
Wenn eine App ohne ersichtlichen Grund Standortdaten verlangt, sollte man sie hinterfragen – oder löschen.
Standortdienste gezielt deaktivieren:
Den Standortzugriff immer nur dann aktivieren, wenn er wirklich gebraucht wird.
Apple erlaubt es, den genauen Standort auszuschalten und stattdessen nur eine ungefähre Position zu übermitteln – für viele Apps wie Wetterdienste völlig ausreichend.
Bei Android kann man verhindern, dass Apps im Hintergrund Standortdaten sammeln.
Werbe-ID zurücksetzen oder deaktivieren:
Die Werbe-ID ist eine eindeutige Kennung, mit der Nutzerprofile über mehrere Apps hinweg erstellt werden können.
Diese ID kann regelmäßig zurückgesetzt oder sogar deaktiviert werden. Das erschwert die Nachverfolgung durch Werbenetzwerke.
Vorsicht bei „Gratis“-Apps – oft bezahlt man mit Daten:
Viele kostenlose Apps finanzieren sich nicht durch Werbung, sondern durch den Verkauf persönlicher Daten.
Seit dem 1. Januar 2022 müssen Anbieter transparenter informieren, wenn eine App mit Daten statt mit Geld bezahlt wird.
Doch viele Nutzer:innen sind sich nicht bewusst, dass sie mit der Nutzung dieser Apps ihre Privatsphäre verkaufen.
Verbraucherschutz: Viel zu wenig Kontrolle?
Eigentlich gibt es strenge Datenschutzgesetze – doch die Realität zeigt: Viele Unternehmen umgehen diese geschickt oder setzen auf intransparente Geschäftsmodelle. Selbst wenn Datenhändler behaupten, Informationen nur anonymisiert weiterzugeben, sind sie oft leicht wieder einer Person zuzuordnen.
Hier braucht es dringend strengere Kontrollen und klare gesetzliche Vorgaben, um Verbraucher:innen besser zu schützen. Denn wer möchte schon, dass sein gesamtes Bewegungsprofil an Werbefirmen verkauft wird – nur weil er das Wetter checken oder eine Mail schreiben wollte?