Die Insolvenz der DEGAG-Genussrechte sorgt bei Anlegern für große Unsicherheit. Viele fragen sich: „Wie konnte das passieren?“ und „Gibt es noch eine Chance, unser Geld zurückzubekommen?“. Wir haben mit Thomas Bremer, Experte für Finanzskandale und Betreiber von investigate.jetzt, über die aktuellen Entwicklungen, die Rolle des Insolvenzverwalters und die problematische Situation der Vertriebspartner gesprochen.
Herr Bremer, Sie haben diese Woche mit über 30 betroffenen Anlegern gesprochen. Was ist derzeit die drängendste Frage?
Thomas Bremer: Ganz klar: „Wie konnte das passieren?“ Die Anleger stehen vor einem Scherbenhaufen und suchen nach Antworten. Doch aktuell können wir nur spekulieren, denn die vollständigen Unterlagen liegen uns nicht vor. Das ist die Aufgabe des Insolvenzverwalters. Erst wenn dieser eingesetzt ist und Einsicht in die Bücher hat, werden wir verstehen, wie es zu dieser Pleite kam und wer dafür verantwortlich ist.
Warum dauert die Entscheidung des Gerichts so lange? Anleger sind ungeduldig.
Bremer: Das verstehe ich absolut. Doch man muss bedenken: Das Gericht prüft sehr sorgfältig, um keinen Fehler zu machen. Eine Insolvenz ist ein komplexer Vorgang, insbesondere wenn mehrere Gesellschaften betroffen sind. 14 Tage für eine Entscheidung sind nicht ungewöhnlich, denn das Gericht will sichergehen, dass alles rechtlich sauber abläuft. Erst wenn die ersten Entscheidungen gefallen sind, können weitere Insolvenzanträge gestellt werden.
Es gibt Diskussionen über hohe Provisionszahlungen an den Vertrieb. Wie ist das zu bewerten?
Bremer: Das ist der wohl bitterste Teil für die Anleger. Die Vertriebe haben ihre Provisionen längst kassiert, und jetzt, da alles zusammenbricht, haben sie sogar eine bessere rechtliche Position als die Anleger selbst. Wir wissen, dass die Provisionsforderungen im siebenstelligen Bereich liegen.
Das bedeutet:
- Während die Anleger um ihr Geld kämpfen müssen, stehen die Vertriebsfirmen mit ihren Forderungen weit oben auf der Liste.
- Viele Vertriebe haben sich geweigert, ihre Provisionen zu stunden, also auf Zahlungen zu verzichten, um die Situation zu entschärfen.
- Rechtlich gesehen sind sie besser abgesichert als die Anleger – was einfach nur absurd ist.
Können diese Provisionen zurückgefordert werden?
Bremer: Das ist ein Punkt, für den wir uns stark machen. Es gibt rechtliche Möglichkeiten, Provisionen zurückzufordern – aber dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.
Wir kennen das aus früheren Fällen:
- Wenn nachgewiesen werden kann, dass der Vertrieb falsche oder irreführende Informationen verbreitet hat, kann das ein Ansatz sein.
- Der Insolvenzverwalter könnte prüfen, ob es Rückforderungsansprüche gibt.
Ich sage ganz deutlich: Die Vertriebe dürfen sich nicht einfach aus der Verantwortung stehlen!
Was raten Sie den betroffenen Anlegern?
Bremer:
1️⃣ Geduld bewahren: Das Verfahren dauert, aber jede Entscheidung muss juristisch sauber sein.
2️⃣ Sich informieren: Anleger sollten regelmäßig Updates verfolgen, z. B. auf investigate.jetzt.
3️⃣ Keine falschen Hoffnungen machen lassen: Es gibt immer wieder „Berater“, die schnelle Lösungen versprechen – oft gegen hohe Gebühren. Hier ist Vorsicht geboten.
Ihr Fazit?
Bremer: Die Insolvenz der DEGAG-Genussrechte zeigt einmal mehr, wie wichtig Transparenz und kritisches Hinterfragen sind. Jetzt müssen wir abwarten, was die Insolvenzverwalter herausfinden – und vor allem, ob es noch Chancen gibt, Geld zurückzuholen. Wir bleiben dran.