Seit Jahresbeginn steht in Österreich ein neuartiger Bluttest zur Diagnose von Alzheimer-Demenz zur Verfügung. Das Verfahren, das europaweit exklusiv bei Labors.at durchgeführt wird, verspricht eine einfache und kostengünstigere Ergänzung zu bisherigen Diagnosemethoden – doch es wirft auch ethische Fragen auf.
Alzheimer-Diagnose: Bisher aufwendig und invasiv
Alzheimer ist die häufigste Form der Demenz, unheilbar und bislang nur schwer frühzeitig festzustellen. Die Diagnose erfolgt oft erst in einem fortgeschrittenen Stadium anhand klinischer Symptome oder spezieller Demenztests. Um bereits in frühen Stadien Gewissheit zu erlangen, waren bisher aufwendige Verfahren nötig: Bildgebende Untersuchungen wie MRT, CT und PET-Scans sowie die Analyse der Rückenmarksflüssigkeit auf den Biomarker Beta-Amyloid. Letztere Methode ist nicht nur invasiv, sondern auch unangenehm für die Patienten.
Durchbruch: Alzheimer-Nachweis im Blut
Der neue Bluttest nutzt eine innovative Methode, um Beta-Amyloid auch im Blut nachzuweisen. Konkret wird das Verhältnis der beiden Peptide Beta-Amyloid-40 und Beta-Amyloid-42 gemessen, das sich bei Alzheimer-Patienten verändert.
„Der Test hat ausgezeichnete diagnostische Charakteristika mit einem positiv prädiktiven Wert von über 90 Prozent“, erklärt Bernhard Mühl, Facharzt für medizinisch-chemische Labordiagnostik bei Labors.at. Das bedeutet, dass bei über 90 Prozent der positiv getesteten Personen tatsächlich Beta-Amyloid-Ablagerungen im zentralen Nervensystem vorhanden sind.
Früherkennung: Fluch oder Segen?
Während die Möglichkeit, Alzheimer bereits in einem präklinischen Stadium zu erkennen, medizinisch als Fortschritt gilt, birgt sie auch eine Schattenseite. Patienten erhalten unter Umständen eine Diagnose lange bevor erste Symptome auftreten – in einer Phase, in der es noch keine Heilung gibt.
Die Deutsche Alzheimer Forschung Initiative (AFI) verweist auf die psychologischen und ethischen Herausforderungen: Was bedeutet es für einen Menschen, Jahre im Voraus zu wissen, dass er an Alzheimer erkranken wird? Zumal auch die Hoffnung auf eine baldige medikamentöse Therapie weiter auf sich warten lässt. Erst gestern wurde die EU-Zulassung des Antikörpers Lecanemab erneut verschoben.
Kein Kassenleistung – Patienten zahlen selbst
Wer den neuen Bluttest in Anspruch nehmen möchte, muss selbst in die Tasche greifen. Die Kosten belaufen sich auf 175 Euro, eine Erstattung durch die Krankenkasse erfolgt nicht. Laut Mühl sollte der Test nur auf ärztliche Empfehlung hin durchgeführt werden.
Ob der neue Test die Alzheimer-Diagnostik revolutioniert oder eher ethische Debatten entfacht, bleibt abzuwarten. Fest steht: Die Möglichkeit zur Früherkennung ist da – aber nicht jeder wird sie nutzen wollen.