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Interview mit Verbraucheranwalt Maurice Högel: „Cyberkriminelle profitieren von der Sorglosigkeit vieler Nutzer“

Tumisu (CC0), Pixabay

Frage: Herr Högel, die Abschaltung der beiden größten Cybercrime-Foren mit rund zehn Millionen Nutzern wird als bedeutender Erfolg im Kampf gegen Online-Kriminalität gewertet. Wie bewerten Sie diese Maßnahme aus Verbraucherschutz-Sicht?

Maurice Högel: Diese Abschaltung ist zweifellos ein großer Schritt. Auf Plattformen wie „nulled.to“ und „cracked.io“ wurden gestohlene Kreditkartendaten, Identitäten und Schadsoftware gehandelt, mit denen Cyberkriminelle massive Schäden anrichten konnten. Dass nun zwei der größten Handelsplätze für solche illegalen Aktivitäten vom Netz genommen wurden, erschwert es Tätern, an sensible Daten von Verbrauchern zu gelangen. Dennoch bleibt das Problem bestehen, denn das Darknet ist hochgradig anpassungsfähig – oft tauchen neue Plattformen rasch auf.

Frage: Können sich betroffene Nutzer nun sicherer fühlen?

Maurice Högel: Die Abschaltung reduziert zumindest kurzfristig die Verfügbarkeit gestohlener Daten. Doch viele Verbraucher wissen nicht einmal, dass ihre persönlichen Informationen längst in solchen Foren gehandelt wurden. Kreditkartenbetrug, Identitätsdiebstahl und gehackte Online-Konten sind alltägliche Probleme. Verbraucher sollten also weiterhin wachsam bleiben und regelmäßig überprüfen, ob ihre Daten kompromittiert wurden. Es gibt Dienste wie „Have I Been Pwned“, mit denen man überprüfen kann, ob die eigene E-Mail-Adresse oder Passwörter in bekannten Leaks aufgetaucht sind.

Frage: Was können Verbraucher tun, um sich vor Identitätsdiebstahl und Cyberbetrug zu schützen?

Maurice Högel: Drei Dinge sind besonders wichtig:

  1. Sichere Passwörter verwenden und regelmäßig ändern. Viele nutzen dasselbe Passwort für mehrere Konten – ein fataler Fehler. Besser ist ein Passwort-Manager, der für jede Plattform ein sicheres Passwort erstellt.
  2. Zwei-Faktor-Authentifizierung (2FA) aktivieren. Dadurch wird es für Hacker erheblich schwieriger, sich in Konten einzuloggen, selbst wenn sie das Passwort haben.
  3. Regelmäßige Kontoüberwachung. Verbraucher sollten ihre Bankabrechnungen und Online-Konten im Blick behalten und verdächtige Aktivitäten sofort melden.

Frage: Laut BKA wurden bei der Operation auch große Mengen an Nutzerdaten sichergestellt. Können Betroffene jetzt hoffen, ihre gestohlenen Daten zurückzubekommen?

Maurice Högel: In der Theorie ja, aber in der Praxis ist das kompliziert. Behörden wie das BKA oder Europol könnten anhand der sichergestellten Daten betroffene Personen identifizieren und warnen. Leider passiert das nicht immer konsequent. Verbraucher sollten daher nicht darauf warten, von der Polizei informiert zu werden, sondern selbst aktiv werden. Eine Möglichkeit ist, Kreditkarten- und Identitätsüberwachungsdienste zu nutzen oder beim jeweiligen Anbieter nachzufragen, ob es verdächtige Zugriffe gab.

Frage: Ist die Abschaltung der Foren also nur ein Teilerfolg?

Maurice Högel: Man muss realistisch bleiben: Cyberkriminalität verschwindet nicht über Nacht. Die Betreiber der abgeschalteten Foren werden versuchen, neue Plattformen aufzubauen oder auf bestehende auszuweichen. Es ist ein ständiges Katz-und-Maus-Spiel. Aber jede Maßnahme, die die Infrastruktur von Cyberkriminellen stört, macht es für sie schwieriger und erhöht die Kosten ihres illegalen Geschäftsmodells.

Frage: Sehen Sie Handlungsbedarf bei der Politik?

Maurice Högel: Absolut! Es gibt kaum gesetzliche Verpflichtungen für Unternehmen, ihre Kunden aktiv über Datenschutzverletzungen zu informieren. In den USA sind Firmen dazu verpflichtet, in Deutschland passiert das oft nur auf freiwilliger Basis. Ich fordere, dass Unternehmen, die von einem Datenleck betroffen sind, Kunden sofort informieren müssen, damit sie Schutzmaßnahmen ergreifen können. Zudem brauchen wir härtere Strafen für Cyberkriminelle – insbesondere für diejenigen, die illegalen Datenhandel gewerbsmäßig betreiben.

Frage: Ihr abschließender Rat für Verbraucher?

Maurice Högel: Nicht sorglos sein! Wer glaubt, dass Cyberkriminalität ihn nicht betrifft, ist besonders gefährdet. Verbraucher müssen sich bewusst machen, dass ihre Daten bares Geld wert sind. Wer auf Online-Sicherheit achtet, kann sich zumindest gegen die häufigsten Bedrohungen schützen.

Frage: Herr Högel, vielen Dank für das Gespräch!

Maurice Högel: Sehr gerne!

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