Redaktion: Herr Reime, die BaFin hat den Entwurf einer Allgemeinverfügung zur Erhebung von Diversitätsdaten veröffentlicht. Was bedeutet das konkret für Kreditinstitute?
RA Reime: Die BaFin setzt hier die neuen Leitlinien der Europäischen Bankenaufsicht (EBA) um. Konkret geht es darum, dass bedeutende Kreditinstitute, also solche, die unter § 1 Abs. 3c KWG fallen, künftig Daten zur Diversität in ihren Strukturen melden müssen. Das betrifft unter anderem Maßnahmen zur Förderung von Diversität, geschlechtsspezifische Gehaltsunterschiede und Diversitätsstrategien. Diese Daten werden alle drei Jahre erhoben und von den nationalen Aufsichtsbehörden an die EBA weitergeleitet.
Redaktion: Warum ist eine Allgemeinverfügung überhaupt nötig?
RA Reime: Die Umsetzung der EBA-Leitlinien hätte eigentlich durch eine Anpassung des Kreditwesengesetzes (KWG) und der Anzeigenverordnung (AnzV) erfolgen sollen. Da dieser Gesetzgebungsprozess nicht rechtzeitig abgeschlossen wurde, greift die BaFin nun mit einer Allgemeinverfügung ein. Damit schafft sie eine verbindliche Grundlage für die betroffenen Institute, ohne dass eine gesetzliche Änderung abgewartet werden muss.
Redaktion: Welche Auswirkungen hat diese Meldepflicht für Banken?
RA Reime: Die Banken müssen nun erstmals umfangreiche Daten zu ihren Diversitätsstrategien und Gehaltsstrukturen sammeln und der BaFin melden. Das kann einen erheblichen bürokratischen Mehraufwand bedeuten. Besonders für Institute, die sich bislang nicht intensiv mit Diversitätsstrategien auseinandergesetzt haben, könnte das herausfordernd werden.
Redaktion: Welche Risiken sehen Sie für die betroffenen Institute?
RA Reime: Zum einen besteht das Risiko, dass Institute, die keine oder nur unzureichende Maßnahmen zur Förderung von Diversität ergriffen haben, unter erhöhten regulatorischen Druck geraten. Zum anderen könnten sich aus den erhobenen Daten Forderungen nach mehr Transparenz oder sogar strukturellen Veränderungen ergeben – etwa bei geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschieden. Zudem müssen sich Banken darauf einstellen, dass Verstöße gegen die Meldepflicht Sanktionen nach sich ziehen können.
Redaktion: Gibt es für Anleger relevante Aspekte in dieser Regulierung?
RA Reime: Ja, denn das Thema Diversität wird zunehmend als Faktor für nachhaltige Unternehmensführung gewertet. Anleger, insbesondere institutionelle Investoren, achten immer stärker auf ESG-Kriterien (Environmental, Social, Governance). Eine Bank, die gut bei Diversität abschneidet, könnte für solche Investoren attraktiver sein. Auf der anderen Seite könnte eine schlechte Bewertung in der Erhebung zu Reputationsrisiken und damit langfristig zu wirtschaftlichen Nachteilen führen.
Redaktion: Wie sollten sich Banken nun vorbereiten?
RA Reime: Die Institute sollten schnellstmöglich ihre internen Strukturen überprüfen und sicherstellen, dass sie die geforderten Daten erfassen können. Es kann auch sinnvoll sein, bestehende Diversitätsstrategien zu überarbeiten und, falls nötig, neue Maßnahmen einzuführen. Zudem empfehle ich, sich aktiv an der Konsultation der BaFin zu beteiligen, um mögliche Unklarheiten oder Schwierigkeiten frühzeitig zu adressieren.
Redaktion: Vielen Dank für das Gespräch, Herr Reime.