Die SL Windpark Neuenrade GmbH & Co. KG hat ihren Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2023 veröffentlicht. Während die Gesellschaft ein solides Rohergebnis erwirtschaftet hat, gibt es einige finanzielle Entwicklungen, die aus Anlegersicht sowohl positiv als auch besorgniserregend sind. Im Folgenden werden die wichtigsten Kennzahlen und Entwicklungen kritisch, aber fair beleuchtet.
1. Ertragslage: Deutlicher Umsatzsprung, aber steigende Kosten
Ein Rohergebnis von 4,64 Mio. € im Jahr 2023 gegenüber 1,98 Mio. € im Vorjahr deutet auf eine deutlich verbesserte Ertragskraft hin. Dies könnte auf günstigere Windverhältnisse, höhere Strompreise oder eine bessere Anlagenverfügbarkeit zurückzuführen sein. Allerdings ist auch zu beachten, dass die Abschreibungen massiv gestiegen sind – von 135.908 € auf 1,63 Mio. €. Das bedeutet, dass entweder neue Anlagen aktiviert wurden oder bisher geringere Abschreibungen angesetzt waren.
Zudem haben sich die betrieblichen Aufwendungen fast verdreifacht (1,04 Mio. € nach 365.439 € im Vorjahr). Dies könnte auf gestiegene Wartungskosten, Verwaltungsausgaben oder gestiegene Betriebskosten zurückzuführen sein. Anleger sollten sich fragen, ob diese Kosten nachhaltig gesenkt werden können oder ob sie dauerhaft hoch bleiben.
Positiv hervorzuheben ist, dass die Gesellschaft trotz der Kostensteigerungen mit einem Jahresüberschuss von 831.148 € immer noch profitabel ist.
2. Finanzielle Stabilität: Eigenkapital schrumpft, hohe Verschuldung bleibt
Ein großer Knackpunkt ist das Eigenkapital, das von 4,5 Mio. € auf 2,56 Mio. € gesunken ist – ein Rückgang von fast 43 %. Zwar ist dies nicht unmittelbar existenzgefährdend, zeigt aber, dass entweder Verluste verrechnet oder Entnahmen vorgenommen wurden. Anleger sollten sich bewusst sein, dass ein schwindendes Eigenkapital die finanzielle Widerstandskraft des Unternehmens schwächt.
Auf der anderen Seite bleibt die Gesellschaft hoch verschuldet: Die Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten betragen 22,98 Mio. € und machen damit fast 80 % der Bilanzsumme aus. Zwar ist dies in der Windenergiebranche nicht unüblich, da solche Projekte oft fremdfinanziert werden, jedoch bleibt die Abhängigkeit von Banken ein kritischer Punkt.
Ein weiteres Warnsignal ist die erhöhte Position „sonstige Verbindlichkeiten“, die von 176.280 € auf über 1 Mio. € gestiegen ist. Darunter befindet sich ein Nachrangdarlehen über 440.000 €, was bedeutet, dass diese Verbindlichkeiten im Insolvenzfall erst nachrangig bedient werden. Anleger sollten hinterfragen, wieso das Unternehmen auf diese Art der Finanzierung zurückgreifen musste.
3. Liquiditätslage: Solide, aber langfristige Verpflichtungen hoch
Ein Lichtblick ist die stark gestiegene Liquidität: Das Guthaben bei Kreditinstituten ist von nur 111.582 € im Vorjahr auf 3,19 Mio. € angestiegen. Dies gibt dem Unternehmen eine gewisse finanzielle Flexibilität.
Allerdings bestehen langfristige finanzielle Verpflichtungen von über 16,9 Mio. €, darunter Zinszahlungen für Darlehen von 8,6 Mio. € und langfristige Pachtverträge. Dies bedeutet, dass das Unternehmen über viele Jahre hinweg hohe Fixkosten tragen muss, die nur durch stabile Einspeiseerlöse gedeckt werden können. Sollte es in Zukunft zu Änderungen bei der Einspeisevergütung oder technischen Problemen mit den Anlagen kommen, könnte dies problematisch werden.
4. Absicherung der Verbindlichkeiten: Vollständig durch Windanlagen gedeckt
Die hohen Kredite sind durch eine Sicherungsübereignung der Windenergieanlagen sowie diverse schuldrechtliche und dingliche Sicherheiten (z. B. Nutzungsrechte für Kabel- und Zufahrtswege) besichert. Dies ist gängige Praxis in der Branche, bedeutet aber auch, dass im Fall finanzieller Schwierigkeiten die Banken vorrangige Rechte an den Anlagen haben – ein Risiko für die Gesellschafter und mögliche Investoren.
5. Fazit: Solide operative Entwicklung, aber hohe Schulden und Risiken
Positiv:
✅ Das Rohergebnis hat sich mehr als verdoppelt – ein starkes Wachstumssignal.
✅ Das Unternehmen bleibt profitabel mit einem soliden Jahresüberschuss.
✅ Die Liquiditätslage hat sich verbessert, was kurzfristige Risiken mindert.
Negativ:
❌ Das Eigenkapital ist um fast 43 % gesunken – ein Alarmsignal.
❌ Die Schuldenlast bleibt hoch, insbesondere die langfristigen Kreditverbindlichkeiten.
❌ Die sonstigen Verbindlichkeiten sind sprunghaft gestiegen, darunter ein Nachrangdarlehen.
❌ Die Kostenstruktur hat sich verschlechtert – betriebliche Aufwendungen haben sich fast verdreifacht.
Für Anleger bedeutet dies:
Wer in die SL Windpark Neuenrade GmbH & Co. KG investieren möchte oder bereits investiert ist, sollte die Entwicklung des Eigenkapitals und der Verschuldung genau im Blick behalten. Die Abhängigkeit von langfristigen Kreditverpflichtungen ist hoch, was das Unternehmen anfällig für Zinserhöhungen oder schwächere Ertragsjahre macht. Gleichzeitig zeigt die Gewinnentwicklung, dass die Ertragskraft grundsätzlich gegeben ist – jedoch muss das Kostenmanagement optimiert werden, um langfristig stabil zu bleiben.