Spanien erlebt einen wirtschaftlichen Höhenflug – und das vor allem dank eines regelrechten Tourismusbooms. Während viele europäische Volkswirtschaften nach der Pandemie mit stagnierendem Wachstum kämpfen, konnte Spanien 2024 ein beeindruckendes BIP-Wachstum von 3,1 % verzeichnen. Damit übertraf das Land nicht nur andere große europäische Wirtschaftsnationen, sondern lag auch knapp vor den USA, deren Wirtschaft laut Internationalem Währungsfonds (IWF) um 2,8 % gewachsen ist.
Amerikanische Touristen strömen nach Spanien
Ein wesentlicher Faktor für den wirtschaftlichen Aufschwung Spaniens ist die hohe Zahl internationaler Besucher, insbesondere aus den USA. Allein zwischen Januar und November 2024 kamen vier Millionen amerikanische Touristen nach Spanien – mehr als je zuvor.
Neben der atemberaubenden Architektur, der reichen Geschichte und der mediterranen Lebensweise profitieren die USA-Reisenden auch vom starken US-Dollar, der gegenüber dem Euro in den letzten zwei Jahren an Wert gewonnen hat. Dadurch wird Spanien für amerikanische Touristen besonders erschwinglich.
US-amerikanische Fluggesellschaften reagieren auf diesen Trend: American Airlines kündigte eine neue Direktverbindung von Chicago nach Madrid an, während United Airlines seine Europa-Flüge verlängert und ausweitet, um der hohen Nachfrage gerecht zu werden.
Ein neues Tourismusmodell: Mehr als Sonne und Strand
Während Spanien lange Zeit vor allem für günstige „Sol y Playa“ (Sonne und Strand)-Urlaube bekannt war, hat sich das Tourismusmodell in den letzten Jahren deutlich verändert. Laut Toni Roldan, Direktor des Esade Center for Economic Policy, sind zunehmend hochwertige Reiseerlebnisse gefragt. Dazu gehören Luxusreisen, Weintourismus und kulturelle Entdeckungen.
„Tourismus … ist nicht mehr nur billige Sonne und Strand. Heute gibt es gehobene Weingüter, für die Touristen gerne viel Geld ausgeben, um ein paar Tage mit exklusiven Weinproben zu verbringen.“ – so Roldan gegenüber CNN.
Diese Veränderung zeigt sich auch in den Zahlen: Die geschätzten 94 Millionen Besucher im Jahr 2024 gaben insgesamt 126 Milliarden Euro (132 Milliarden US-Dollar) aus – ein neuer Rekord. Der Tourismussektor macht mittlerweile über 12 % des spanischen BIP aus und trägt fast genauso stark zur Beschäftigung im Land bei.
Einwanderung und Energieunabhängigkeit stärken Spaniens Wirtschaft
Neben dem Tourismus gibt es zwei weitere entscheidende Faktoren, die Spaniens Wirtschaftswachstum begünstigen:
- Zuwanderung als Wirtschaftsmotor
Seit 2021 verzeichnet Spanien einen Nettozuwachs von 500.000 Einwanderern pro Jahr, vor allem aus Lateinamerika. Diese Migranten sprechen häufig bereits Spanisch und können sich daher schnell in den Arbeitsmarkt integrieren. - Günstige Energiepreise dank Nordafrika
Im Gegensatz zu vielen anderen europäischen Ländern ist Spanien weniger abhängig von russischem Erdgas. Stattdessen bezieht das Land den Großteil seines Erdgases aus Nordafrika, was die spanische Wirtschaft vor den massiven Energiepreisschocks geschützt hat, die beispielsweise Deutschland schwer getroffen haben.
Handelsbeziehungen mit den USA: Weniger abhängig als andere EU-Staaten
Ein weiterer Vorteil Spaniens: Das Land ist weniger von US-Importen abhängig als viele andere europäische Volkswirtschaften. Nur 1,3 % des spanischen BIP stammen aus Warenexporten in die USA – im Vergleich zu 3,1 % für die Eurozone insgesamt.
Das bedeutet, dass Spanien weniger stark von möglichen neuen Zöllen betroffen wäre, die US-Präsident Donald Trump bereits für europäische Importe angedroht hat. Sollte Trump tatsächlich Strafzölle einführen, würden andere Länder wie Deutschland oder Frankreich deutlich härter getroffen werden.
Trotzdem könnte es indirekte Auswirkungen geben: Falls Trumps Handelspolitik die gesamte europäische Wirtschaft bremst, könnte dies auch Spaniens Tourismus schwächen, da dann weniger europäische Touristen ins Land reisen würden.
Wirtschaftsausblick: Spanien bleibt Europas Wachstumsstar
Experten gehen davon aus, dass Spanien auch in den kommenden Jahren stärker wachsen wird als der Rest der Eurozone.
- Der IWF prognostiziert für 2025 ein Wachstum von 2,3 %, während die Eurozone nur auf 1 % kommen soll.
- Laut Citi Bank könnte das Wachstum der USA 2025 sogar hinter Spanien zurückfallen.
Der anhaltende Tourismusboom und die stabile wirtschaftliche Basis machen Spanien zu einer der dynamischsten Volkswirtschaften Europas. Und ironischerweise sind es gerade die amerikanischen Touristen, die Spaniens Erfolg mit antreiben.