Vor der 12. Großen Strafkammer – Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Rostock müssen sich derzeit drei Angeklagte verantworten. Die Staatsanwaltschaft legt ihnen eine Reihe schwerwiegender Wirtschafts- und Vermögensstraftaten zur Last, die sich zwischen Juli 2018 und März 2021 im Zusammenhang mit ihrer geschäftlichen bzw. freiberuflichen Tätigkeit ereignet haben sollen.
Kern der Vorwürfe: Unerlaubte Finanzgeschäfte und betrügerische Kapitalbeschaffung
Nach dem Anklagevorwurf sollen zwei der Beschuldigten – ein Vater und sein Sohn – über eine in Bentwisch ansässige Holdinggesellschaft Unternehmensanleihen zu verschiedenen Konditionen ausgegeben und Anlegern zur Zeichnung angeboten haben. Dabei soll die erforderliche Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht vorgelegen haben. Zudem sei die Holdinggesellschaft spätestens zum 31. Juli 2018 überschuldet gewesen, sodass die ausgegebenen Anleihen auf einer falschen wirtschaftlichen Grundlage basierten.
Den Ermittlungen zufolge wurden insgesamt 17 verschiedene Anleihen sowie ein „festverzinsliches Immobiliendarlehen“ angeboten. Rund 340 Anleger sowie ein Darlehensgeber sollen diese in der irrigen Annahme erworben haben, in ein florierendes Unternehmen zu investieren. In Wahrheit jedoch, so die Anklage, befand sich die Gesellschaft bereits in einer wirtschaftlichen Schieflage. Insgesamt sollen dadurch mehr als 10 Millionen Euro an Investorengeldern geflossen sein.
Der dritte Angeklagte, ein Rechtsanwalt, soll die Holdinggesellschaft und weitere verbundene Unternehmen juristisch begleitet haben. Die Staatsanwaltschaft prüft, inwieweit er an den mutmaßlich strafbaren Vorgängen beteiligt war.
Vorwurf der Insolvenzverschleppung und Bankrottstraftaten
Trotz der nach Auffassung der Staatsanwaltschaft spätestens im März 2020 eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Holdinggesellschaft sei die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur verspätet beantragt worden. Damit steht der Vorwurf der Insolvenzverschleppung im Raum.
Darüber hinaus wird einem der Angeklagten Bankrott zur Last gelegt: Er soll Firmengelder auf Privatkonten transferiert haben. Zudem bestehe der Verdacht, dass er Waren einer insolventen Gesellschaft unter dem Namen einer neu gegründeten Firma weiterverkauft habe, um sich so unrechtmäßig zu bereichern.
Betrug im Zusammenhang mit medizinischen Masken
Zwei der Beschuldigten müssen sich zudem wegen Betrugs im Zusammenhang mit einer Lieferverpflichtung für medizinische Masken verantworten. Details zu diesem Anklagepunkt sind bisher nicht bekannt, jedoch steht der Verdacht im Raum, dass bestellte Masken nicht oder nicht in der vereinbarten Qualität geliefert wurden.
Subventionsbetrug in sechs Fällen und Verstoß gegen das Medizinproduktegesetz
Einem der Angeklagten wird außerdem vorgeworfen, in sechs Fällen Subventionsbetrug begangen zu haben. Dabei soll es um die Beantragung und Gewährung von staatlichen Zuschüssen für Unternehmen gehen, die durch die Corona-Krise wirtschaftlich schwer getroffen wurden. Die Staatsanwaltschaft sieht Anhaltspunkte dafür, dass diese Hilfen zu Unrecht beantragt und erhalten wurden. Zudem soll er gegen das Medizinproduktegesetz verstoßen haben, wobei nähere Details hierzu noch nicht bekannt sind.
Hintergrund: Der Fall „Adcada“ und die Rolle der Enthüllungsplattform
Der Fall wurde maßgeblich von der Plattform „Diebewertung.de“ aufgedeckt, die über mehrere Jahre hinweg über die fragwürdigen Geschäftspraktiken von Benjamin Franklin K. und dessen Holdinggesellschaft berichtete. In der Vergangenheit hatte das Unternehmen Adcada versucht, Kritiker im Internet durch diskreditierende Kampagnen mundtot zu machen. Doch letztlich trugen diese Maßnahmen nicht dazu bei, die Aufdeckung der mutmaßlichen Betrügereien zu verhindern.
Besonders brisant ist der Vorwurf, dass die prunkvolle Hochzeit von Benjamin Franklin K. mutmaßlich aus Anlegergeldern finanziert wurde. Kritiker bemängeln zudem, dass die Ehefrau des Hauptangeklagten nicht mit auf der Anklagebank sitzt, obwohl sie erheblich von den Geldern der Anleger profitiert und sich damit einen luxuriösen Lebensstil finanziert haben soll.
Forderungen nach harten Strafen und Bedeutung für die Anleger
Thomas Bremer von „Diebewertung.de“ äußerte sich kämpferisch:
„Ich hoffe, dass die Angeklagten zu hohen Haftstrafen verurteilt werden – mindestens sechs Jahre und mehr. Nur so würde den geschädigten Anlegern wenigstens ein Stück weit Gerechtigkeit widerfahren.“
Die rechtliche Aufarbeitung des Falls steht noch am Anfang, doch die Anklage zeigt bereits das immense Ausmaß der Vorwürfe. Ob und in welcher Höhe den geprellten Anlegern eine Entschädigung zusteht, wird sich erst im weiteren Verlauf des Verfahrens zeigen.
Es gilt die Unschuldsvermutung, bis eine rechtskräftige Verurteilung erfolgt.