Die Speicherung von Strom ist eine der zentralen Herausforderungen der Energiewende. Forschende setzen darauf, innovative Lösungen zu finden – und eine davon könnte direkt vor unseren Füßen liegen. Was wäre, wenn das Fundament eines Hauses, seine Wände oder sogar Straßenbeläge nicht nur statische Bauwerke, sondern auch Stromspeicher wären? Dank Forschungen in Coburg und am Massachusetts Institute of Technology (MIT) könnte genau das bald Realität werden. Der Schlüssel dazu liegt in einem Superkondensator aus Beton.
Wie funktioniert ein Superkondensator aus Beton?
Momentan sieht das Modell des Superkondensators, das Markus Weber, Bauingenieur an der Hochschule Coburg, entwickelt hat, eher unscheinbar aus. Es handelt sich um einen Betonblock mit den Maßen zehn mal zehn Zentimeter an der Basis und einer Höhe von 50 Zentimetern. Doch seine Leistung ist beeindruckend. „Dieser Kondensator schafft es, eine zehn Watt-Birne etwa 25 Minuten leuchten zu lassen“, erklärt Weber. Seine Vision? Anwendungen in großem Maßstab, etwa als Bodenplatte eines Einfamilienhauses, könnten ganz neue Maßstäbe für Energiespeicherung setzen.
Die Idee dahinter ist, Beton mit speziellen Additiven zu versetzen, die ihn leitfähig machen. Eine wichtige Rolle spielt dabei das sogenannte Carbon Black, ein industriell hergestellter Ruß. Dieses Material wird dem Zement beigefügt und bildet ein weit verzweigtes leitendes Netz im Beton. Um Energie zu speichern, wird eine Spannungsquelle angeschlossen – und das war’s schon.
Was unterscheidet Kondensatoren von Batterien?
Im Gegensatz zu Batterien, die Energie durch chemische Prozesse speichern, basiert die Funktionsweise eines Kondensators auf Elektrostatik. Zwei leitende Platten, getrennt durch ein isolierendes Material, bilden das Herzstück. Wird eine Spannung angelegt, sammeln sich positiv geladene Ionen an der einen und negativ geladene Ionen an der anderen Platte. Zwischen den Platten entsteht ein elektrisches Feld, das als Energiespeicher dient.
Während Batterien oft begrenzt sind in Lebensdauer, Ladegeschwindigkeit und Umwelteinflüssen, brillieren Kondensatoren in anderen Bereichen. Sie enthalten keine bedenklichen Chemikalien, halten fast unbegrenzt, lassen sich in kürzester Zeit aufladen und sind vergleichsweise kostengünstig herzustellen. Mit speziellen Materialien wie leitendem Beton könnte die Speicherkapazität sogar erheblich gesteigert werden.
Vorteile für die Zukunft
Die Ergebnisse der Forschung lassen aufhorchen. Während handelsübliche Kondensatoren für sich betrachtet weniger Energie speichern können als Batterien, bietet der Superkondensator aus Beton zahlreiche andere Vorteile. Warum also Beton statt Lithium-Ionen-Batterien oder ähnlicher Technologien?
Kosteneffizienz: Beton ist weltweit verfügbar und kostengünstig in der Herstellung.
Nachhaltigkeit: Der Superkondensator verzichtet auf seltene Erden oder umweltschädliche Chemikalien.
Lange Lebensdauer: Während Batterien oft nach wenigen Jahren ausgetauscht werden müssen, hält Beton – wie wir wissen – Jahrzehnte.
Schnelle Ladevorgänge: Kondensatoren ermöglichen ultra-schnelle Ladezeiten, was potenziell für E-Autos oder tragbare Geräte ein großer Vorteil ist.
Was bringt die Zukunft?
Noch ist der Superkondensator aus Beton ein Forschungsprojekt, und es wird Zeit brauchen, bis die Technologie in großem Maßstab einsetzbar ist. Doch die bisherigen Entwicklungen in Coburg und am MIT zeigen, dass die Möglichkeiten enorm sind. Ein einziges Material könnte gleich zwei Aufgaben erfüllen – als tragendes Element und als Energiespeicher.
Die Idee, Beton auf diese Weise doppelt zu nutzen, könnte nicht nur die Energiewende beschleunigen, sondern auch herkömmliche Akkus und Batterien ergänzen oder sogar ersetzen. Spannend bleibt die Weiterentwicklung dieser Innovation, die sowohl Häuser als auch Straßen buchstäblich zur Energiequelle machen könnte. Ob der Beton der Zukunft tatsächlich in der Lage sein wird, den Energiebedarf großer Anwendungen zu decken, wird sich zeigen – aber die ersten Schritte sind gemacht.