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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bonchev über Internetbetrug und den Fall Green Technologies Group

styles66 (CC0), Pixabay

Frage: Frau Bonchev, Sie vertreten in einem ähnlichen Fall Mandanten und haben auch bei den Ermittlungen gegen die Green Technologies Group Limited mitgearbeitet. Wie bewerten Sie den Fall?

Antwort: Der Fall Green Technologies Group zeigt exemplarisch, wie organisiert und professionell Cyberkriminelle mittlerweile vorgehen. Hier wurde ein vermeintlich seriöses Unternehmen aufgebaut, das mit grünen Technologien geworben hat – ein Thema, das viele Menschen emotional anspricht. Das Ziel war, Vertrauen zu schaffen und Anleger systematisch zu täuschen.

Frage: Was macht diesen Fall aus Ihrer Sicht besonders?

Antwort: Besonders ist die Kombination aus einer perfekt inszenierten Website und gezieltem Druck auf die Opfer. Die Täter nutzten die emotionalen und finanziellen Interessen ihrer Opfer aus, indem sie in ein populäres Thema wie grüne Technologien investierten. Zudem wurde ein Schweizer Anwalt als Treuhänder eingebunden, was der gesamten Aktion zusätzlichen Anschein von Seriosität verlieh.

Frage: Martin G., der in Zürich ansässige Anwalt, steht im Zentrum der Ermittlungen. Welche Rolle spielte er aus Ihrer Sicht?

Antwort: Martin G. hat das Treuhandkonto für die Täter bereitgestellt, über das die Zahlungen abgewickelt wurden. Seine Rolle ist deshalb äußerst kritisch, weil Treuhänder per Definition ein besonderes Vertrauen genießen. In Fällen wie diesem wird auch oft der Verdacht der Geldwäsche laut. Unsere Ermittlungen zeigen, dass er in mehreren Fällen mit Betrug und Wirtschaftskriminalität in Verbindung gebracht wird. Ob er bewusst mit den Tätern kooperiert hat, muss die Staatsanwaltschaft klären.

Frage: Wie schwierig ist es, in solchen Fällen Gerechtigkeit für die Opfer zu erzielen?

Antwort: Es ist äußerst schwierig. Die Täter arbeiten international und nutzen komplexe Netzwerke, um ihre Spuren zu verwischen. In diesem Fall haben wir es mit einem Schaden in Millionenhöhe zu tun, verteilt auf zahlreiche Geschädigte in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Die internationale Dimension erschwert die Rückverfolgung der Gelder erheblich. Dennoch gibt es Ansätze, wie beispielsweise die strafrechtlichen Ermittlungen und zivilrechtlichen Verfahren gegen Martin G. und seine Kanzlei.

Frage: Welche Maßnahmen können Verbraucher ergreifen, um sich vor solchen Betrugsfällen zu schützen?

Antwort: Zunächst einmal ist es wichtig, bei Angeboten im Internet skeptisch zu sein, insbesondere wenn sie hohe Renditen versprechen. Verbraucher sollten die Website genau prüfen, auf Rechtschreibfehler, fehlende Aktualisierungen und synthetisch wirkende Bilder achten. Eine einfache Google-Recherche, etwa mit dem Begriff „[Unternehmensname] Betrug“, kann oft Warnhinweise aufdecken. Außerdem sollte man sich niemals unter Druck setzen lassen, sofort zu investieren.

Frage: Gibt es aus Ihrer Sicht eine Lehre, die wir aus diesem Fall ziehen können?

Antwort: Ja, die wichtigste Lehre ist, dass Vertrauen und Emotionen gezielt ausgenutzt werden können. Gerade bei Themen wie grünen Technologien oder nachhaltigen Investments ist es essenziell, Fakten und Seriosität zu prüfen. Außerdem sollten wir auf eine stärkere internationale Zusammenarbeit bei der Bekämpfung von Cyberkriminalität drängen, denn diese Netzwerke agieren über Ländergrenzen hinweg.

Frage: Was wünschen Sie sich als Anwältin für die Betroffenen und deren Angehörige?

Antwort: Ich wünsche mir, dass die Ermittlungen zu einer klaren Aufarbeitung des Falls führen und dass zumindest ein Teil der Gelder zurückgewonnen werden kann. Für die Angehörigen, wie im Fall des verstorbenen Geschäftsmanns, ist es natürlich zu spät, aber es ist wichtig, dass solche Täter nicht ungestraft davonkommen und wir aus diesen Fällen lernen, um zukünftige Opfer zu schützen.

Frage: Vielen Dank, Frau Bonchev, für Ihre Zeit und die Einblicke in diesen komplexen Fall.

Antwort: Ich danke Ihnen, dass Sie das Thema aufgreifen. Es ist wichtig, darüber zu sprechen und Menschen für solche Gefahren zu sensibilisieren.

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