Redaktion: Herr Reime, morgen soll die Auswahl für den Anlegerbeirat der DEGAG stattfinden. Können Sie uns kurz schildern, worum es dabei geht?
Jens Reime: Natürlich. Der Anlegerbeirat soll eine zentrale Rolle dabei spielen, die finanzielle und rechtliche Situation der DEGAG zu bewerten und über die nächsten Schritte zu entscheiden. Interessierte Personen, die sich für eine Mitarbeit im Beirat beworben haben, erhalten heute voraussichtlich einen Link zu einem Zoom-Meeting, das morgen stattfinden wird. Dort können sie sich vorstellen und ihre Qualifikationen präsentieren. Anschließend wird die endgültige Besetzung des Beirats festgelegt, damit dieser so schnell wie möglich seine Arbeit aufnehmen kann.
Redaktion: Welche Anforderungen sollten die Mitglieder des Anlegerbeirats erfüllen?
Jens Reime: Der Beirat sollte unbedingt aus Personen bestehen, die über fundierte Kenntnisse in Bilanzrecht, Steuerrecht sowie Bank- und Kapitalmarktrecht verfügen. Es geht hier nicht um Schuldzuweisungen oder Diskussionen darüber, wie die aktuelle Situation entstanden ist – das hilft niemandem weiter. Was wir brauchen, sind Fachleute, die in der Lage sind, die Situation sachlich zu analysieren und tragfähige Lösungen zu entwickeln. Dampfplauderer oder Menschen, die nur jammern, sind hier völlig fehl am Platz.
Redaktion: Gibt es dabei eine Rolle für den Vertrieb?
Jens Reime: Der Vertrieb sollte geeignete Personen vorschlagen, die diese fachlichen Kriterien erfüllen. Allerdings halte ich es für nicht notwendig, dass Vertriebspartner selbst Mitglieder des Beirats werden. Entscheidend ist, dass der Beirat aus unabhängigen und kompetenten Personen besteht, die sich voll und ganz auf die sachlichen und rechtlichen Aspekte konzentrieren können.
Redaktion: Werden Sie selbst oder Ihre Kanzlei an diesem Zoom-Meeting teilnehmen?
Jens Reime: Nein, wir werden nicht teilnehmen. Allerdings werden wir Personen benennen, die wir für geeignet halten, im Anlegerbeirat mitzuwirken. Diese Personen müssen über den notwendigen Sachverstand verfügen, um die nächsten Schritte zu beurteilen.
Redaktion: Welche Aufgabe hat der Anlegerbeirat konkret?
Jens Reime: Der Beirat muss schnell eine fundierte Einschätzung abgeben, ob eine Restrukturierung des Unternehmens möglich ist oder ob eine Insolvenz unausweichlich ist. Beides ist derzeit noch möglich, da uns die genauen Zahlen, Daten und Fakten – die sogenannten ZDF – im Detail nicht bekannt sind.
Redaktion: Welche Konsequenzen hätte eine Restrukturierung oder eine Insolvenz für die Anleger?
Jens Reime: Wenn eine Restrukturierung möglich ist, was wir ausdrücklich begrüßen würden, wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach einen Forderungsverzicht aller Gläubiger, einschließlich der Anleger, erfordern. Sollten jedoch die finanziellen und strukturellen Voraussetzungen für eine Restrukturierung nicht gegeben sein, und es kommt zu einer Insolvenz, dann wird die Arbeit der Interessengemeinschaft (IG) für die Anleger umso wichtiger. In diesem Fall gilt es, eine starke Position im Insolvenzverfahren einzunehmen, um die Interessen der Anleger bestmöglich zu vertreten.
Redaktion: Wie bewerten Sie die aktuelle Situation insgesamt?
Jens Reime: Es ist eine herausfordernde Situation, aber keine unlösbare. Es kommt jetzt darauf an, dass der Anlegerbeirat schnell und kompetent handelt. Nur so kann eine klare Entscheidung getroffen werden, ob eine Restrukturierung noch realistisch ist oder ob Insolvenz angemeldet werden muss. Wir alle – Anleger, Gläubiger und das Unternehmen selbst – haben ein Interesse daran, dass diese Entscheidungen auf solider Grundlage getroffen werden.
Redaktion: Herr Reime, vielen Dank für das Gespräch!
Jens Reime: Sehr gerne.