Redaktion: Herr Högel, Paketzusteller sind derzeit extrem im Stress, besonders nach der Weihnachtszeit. Doch was passiert, wenn ein Paket einfach irgendwo abgelegt wird oder die Zustellung schlecht dokumentiert ist? Wer haftet in solchen Fällen – der Empfänger, der Zustelldienst oder der Verkäufer?
Maurice Högel: Grundsätzlich haftet der Verkäufer – also der Absender der Ware –, nicht der Empfänger. Sobald Sie als Kunde etwas bestellen, liegt es in der Verantwortung des Verkäufers sicherzustellen, dass das Paket auch tatsächlich bei Ihnen ankommt. Wenn das nicht der Fall ist, haben Sie das Recht, eine Ersatzlieferung oder die Erstattung des Kaufpreises zu verlangen.
Streitfall 1: Paket beim Nachbarn abgegeben, aber keine Dokumentation
Redaktion: Was, wenn der Zusteller das Paket beim Nachbarn abgibt, aber nicht dokumentiert, bei wem genau? Es steht dann nur „Nachbar“ in der Sendungsverfolgung, aber kein Name.
Högel: In diesem Fall sollten Sie zuerst versuchen, über den Paketdienst herauszufinden, bei wem das Paket abgegeben wurde. Viele Dienste wie DHL, DPD oder GLS bieten online die Möglichkeit, durch Eingabe der Postleitzahl den Namen der Empfangsperson zu ermitteln.
Falls das nicht hilft, sollten Sie den Absender kontaktieren, also den Händler, bei dem Sie die Bestellung aufgegeben haben. Der Absender ist verpflichtet, den Verbleib des Pakets mit dem Zusteller zu klären. Er kann einen sogenannten Ablieferbeleg anfordern, auf dem der Name und – falls vorhanden – die Unterschrift des Nachbarn vermerkt sind.
Redaktion: Und wenn das Paket nicht auffindbar ist?
Högel: Dann liegt die Haftung beim Verkäufer, nicht beim Empfänger. Der Händler muss entweder eine Ersatzlieferung veranlassen oder den Kaufpreis erstatten. Wichtig zu wissen: Als Empfänger müssen Sie nicht selbst bei der Hotline des Zustellers hängen oder in Ihrer Nachbarschaft herumlaufen, um das Paket zu suchen. Der Verkäufer hat den Zustelldienst beauftragt und ist daher auch dafür verantwortlich, dass die Ware ordnungsgemäß zugestellt wird.
Redaktion: Wie sieht es mit Plattformen wie eBay oder PayPal aus?
Högel: eBay lehnt in solchen Fällen oft den Käuferschutz ab, da das Paket ja – irgendwo – zugestellt wurde. Bei PayPal ist das anders. Wenn kein konkreter Empfänger dokumentiert ist, erstattet PayPal den Kaufpreis. Voraussetzung ist natürlich, dass die Bestellung mit PayPal bezahlt wurde.
Streitfall 2: Paket abgelegt und verschwunden
Redaktion: Viele Paketzusteller legen Sendungen einfach ab, etwa vor der Haustür oder im Treppenhaus. Was passiert, wenn das Paket dann gestohlen wird?
Högel: Hier kommt es darauf an, ob der Empfänger dem Zusteller eine sogenannte Abstellgenehmigung erteilt hat. Wenn Sie dem Zustelldienst beispielsweise erlaubt haben, Pakete vor Ihrer Wohnungstür oder an einem bestimmten Ort abzulegen, dann liegt die Verantwortung bei Ihnen. Es ist wichtig, dass der Abstellort sicher ist – vor allem in Großstädten oder Mehrfamilienhäusern.
Redaktion: Und wenn ich keine Abstellgenehmigung erteilt habe?
Högel: In diesem Fall darf der Zusteller das Paket nicht einfach irgendwo ablegen, wo es für jeden zugänglich ist. Tut er das trotzdem und das Paket verschwindet, gilt es als nicht ordnungsgemäß zugestellt. In einem solchen Szenario haftet der Verkäufer. Wichtig ist, dass Sie den Verlust sofort melden – sowohl beim Verkäufer als auch beim Zustelldienst.
Praktische Tipps für Verbraucher
Redaktion: Was können Verbraucher tun, um solchen Problemen vorzubeugen?
Högel: Zunächst sollten Sie darauf achten, ob und wo Sie eine Abstellgenehmigung erteilen. Wenn Sie keinen sicheren Ort angeben können, sollten Sie die Option komplett weglassen, damit das Paket nur persönlich übergeben wird. Alternativ können Sie Zustellungen an eine Packstation oder einen Paketshop umleiten.
Falls es dennoch zu Problemen kommt, sollten Sie schnell handeln:
Kontaktieren Sie den Verkäufer: Der Händler ist der richtige Ansprechpartner und haftet für die Zustellung.
Dokumentieren Sie den Fall: Machen Sie Fotos von einem eventuell unsicheren Abstellort oder anderen Auffälligkeiten.
Verlangen Sie eine Ersatzlieferung oder Rückerstattung: Lassen Sie sich nicht vom Zusteller abwimmeln, denn rechtlich haben Sie keinen Vertrag mit ihm.
Redaktion: Zusammengefasst: Wer trägt am Ende die Verantwortung?
Högel: Die Verantwortung liegt beim Verkäufer. Egal, ob das Paket bei einem Nachbarn verschwindet, schlecht dokumentiert wurde oder an einem unsicheren Ort abgelegt wurde – der Verkäufer muss sicherstellen, dass die Ware den Kunden erreicht. Der Empfänger darf nicht auf den Verlusten sitzen bleiben.
Redaktion: Vielen Dank, Herr Högel, für die hilfreichen Einblicke!