Wer träumt nicht davon, beim nächsten Einkauf endlich die brennendsten Fragen des Lebens beantwortet zu bekommen: Wie viel Spinat ist eigentlich im Rahmspinat? Und wie viele Himbeeren haben sich wirklich ins Beerenmüsli verirrt? Leider bleibt das für neugierige Konsument:innen ein Rätsel – denn Zutatenlisten sind offenbar eher ein kreatives Rätselspiel als eine Informationsquelle. Warum? Weil die Hersteller nicht immer Lust haben, uns mitzuteilen, was und wie viel davon in ihren Produkten steckt.
Zutatenlisten müssen nämlich nicht in allen Fällen konkrete Mengenangaben enthalten. Klingt logisch, oder? Wozu sollte man die Käufer:innen auch mit so irrelevanten Details wie Prozentangaben überfordern? Die aktuellen Regelungen, wann Zutaten mit Prozentwerten angegeben werden müssen und wann nicht, sind ein Meisterwerk der Verwirrung. Und dass Verbraucher:innen sich da mal wieder Transparenz und vollständige Kennzeichnungen wünschen, ist ja wohl echt eine Zumutung.
„Bitte keine Transparenz!“ – Die Kunst des Verschweigens
„Verbraucher:innen möchten tatsächlich wissen, was in ihrem Essen steckt – und das in Prozentzahlen? Wie absurd!“ sagt wahrscheinlich niemand. Aber die Realität sieht anders aus: Laut einer repräsentativen Befragung im Auftrag des Projekts Lebensmittelklarheit wünschen sich die meisten Menschen eine umfassende Mengenkennzeichnung aller Zutaten. Stephanie Wetzel, Koordinatorin des Projekts, sagt dazu:
„Die Studie zeigt, dass Verbraucher:innen vollständige Prozentangaben in der Zutatenliste wollen. Qualitätsvergleiche? Transparenz? Fairness? Das sollte doch nicht zu viel verlangt sein. Aber derzeit dürfen Hersteller offenbar entscheiden, ob sie ihre Zutatenanteile lieber verschweigen – Hauptsache, die Verpackung sieht schön aus.“
Ärger im Supermarkt: Der Kampf um Zahlen
Laut der Umfrage können sich 59 Prozent der Befragten keinen Reim auf das aktuelle System der Mengenkennzeichnung machen. Überraschung! Sechs von zehn ärgern sich regelmäßig über die fehlenden Angaben. „Könnte ich bitte erfahren, wie viel Himbeere tatsächlich in diesem Müsli ist?“ – Eine Frage, die offensichtlich zu kompliziert ist, um sie auf der Verpackung zu beantworten.
Wetzel erklärt: „Ohne klare Mengenangaben wird es für Verbraucher:innen unmöglich, ähnliche Produkte miteinander zu vergleichen. Der Wettbewerb? Ausgehebelt. Fairness? Fehlanzeige. Transparenz? Ein ferner Traum.“
Idealzustand? Zahlen, Zahlen, Zahlen!
Die Befragung hat auch gezeigt, wie radikal Verbraucher:innen sind: Sie wollen tatsächlich alles wissen! Bei einem Milchreis bevorzugen 82 Prozent die ausführlichste Zutatenliste mit detaillierten Mengenangaben. Sogar bei einem schnöden Mehrfruchtsaft wünschen sich zwei Drittel der Menschen klare Prozentwerte für die Zutaten. Und wir dachten, niemand interessiert sich für diese „unnötigen Details“!
Ausnahmen, die keiner versteht – aber viele nutzen
Das System wird noch absurder, wenn man sich die Regeln genauer anschaut: Prozentangaben sind nur dann verpflichtend, wenn eine Zutat ausdrücklich beworben oder hervorgehoben wird. Aber auch dann gibt es clevere Ausnahmen. So muss der Spinatanteil in einem Rahmspinat nicht angegeben werden, weil er angeblich „nicht kaufrelevant“ ist.
„Klar, wenn ich Rahmspinat kaufe, interessiert mich doch nicht, wie viel Spinat darin ist“, sagt absolut niemand jemals. Stephanie Wetzel bringt es auf den Punkt: „Warum das bei Rahmspinat keine Rolle spielen soll, ist für Verbraucher:innen völlig unverständlich.“
Ein bisschen Täuschung gefällig?
Besonders perfide wird es bei Zutaten, die in so kleinen Mengen enthalten sind, dass sie nur zum Geschmack beitragen – wie Granatapfelsaft in einem Erfrischungsgetränk. Diese dürfen einfach verschwiegen werden. „Niedrige Anteile hochwertiger Zutaten werden bewusst weggelassen, um Produkte hochwertiger wirken zu lassen, als sie sind“, erklärt Wetzel.
Die Lösung? Laut Wetzel ganz einfach: „Diese Ausnahmen müssen abgeschafft werden. Sie geben Herstellern viel zu viel Interpretationsspielraum und sind alles andere als verbraucherfreundlich.“
Fazit: Zahlen sind Luxus
Während Verbraucher:innen gerne wissen würden, was in ihrem Essen steckt, bleibt Transparenz für viele Hersteller wohl ein Fremdwort. Aber hey, Hauptsache, die Verpackung ist schick und die Himbeere groß aufgedruckt – wer braucht da schon Prozentzahlen?