Redaktion: Herr Högel, seit dem 1. Januar 2025 ist das Bundesamt für Justiz die zentrale Aufsichtsstelle für Inkassodienstleister. Was bedeutet das aus Ihrer Sicht für den Verbraucherschutz?
Maurice Högel: Das ist ein bedeutender Schritt nach vorne. Bislang war die Aufsicht über Inkassounternehmen auf 38 Stellen in den Bundesländern verteilt, was zu großen Unterschieden in der Entscheidungs- und Kontrollpraxis geführt hat. Mit der neuen zentralen Aufsicht gibt es endlich die Chance, einheitliche und qualitativ hochwertige Entscheidungen zu treffen. Gerade für Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich gegen unseriöse Praktiken zur Wehr setzen wollen, ist das eine Erleichterung.
Redaktion: Was erwarten Sie konkret vom Bundesamt für Justiz?
Maurice Högel: Das Wichtigste ist, dass das Bundesamt für Justiz mit ausreichend personellen und organisatorischen Ressourcen ausgestattet wird, um effektiv arbeiten zu können. Beschwerden über Inkassounternehmen müssen schnell bearbeitet und Missstände konsequent verfolgt werden. Außerdem muss sichergestellt werden, dass es eine einheitliche Entscheidungspraxis gibt. Wenn dies gelingt, kann die neue Aufsicht präventiv wirken und frühzeitig auf problematische Entwicklungen im Markt reagieren.
Redaktion: Ein besonderer Fokus liegt auch auf Legal-Tech-Unternehmen, die häufig unter einer Inkassolizenz agieren. Was muss das Bundesamt hier beachten?
Maurice Högel: Legal-Tech-Unternehmen bieten in vielen Fällen innovative und hilfreiche Dienstleistungen an, etwa im Bereich der Rückforderung unrechtmäßig erhobener Gebühren oder Entschädigungen. Aber auch hier gilt: Die Qualität der Geschäftsmodelle muss genau geprüft werden. Es darf nicht passieren, dass unter dem Deckmantel von Verbraucherschutz Lösungen angeboten werden, die letztlich nur den Anbietern selbst zugutekommen. Verbraucherinnen und Verbraucher müssen sicher sein können, dass sie seriös beraten und unterstützt werden.
Redaktion: Trotz der neuen Aufsicht gibt es weiterhin erhebliche Probleme im Bereich Inkasso. Welche sind aus Ihrer Sicht die dringendsten?
Maurice Högel: Ein großes Problem sind die häufig überhöhten Inkassokosten. Verbraucherinnen und Verbraucher können diese Kosten oft nicht nachvollziehen oder überprüfen. Besonders bei kleinen Forderungen stehen die Inkassogebühren oft in keinem Verhältnis zum eigentlichen Betrag. Darüber hinaus erleben wir immer wieder, dass Inkassounternehmen mit bedrohlich klingenden Schreiben Druck ausüben. Manche setzen sogar vorangekreuzte Felder ein, um Verbraucher dazu zu bringen, Schuldanerkenntnisse zu unterschreiben – was für die Betroffenen langfristig nachteilige Folgen haben kann.
Redaktion: Welche Forderungen stellen Sie an die Bundesregierung, um diese Probleme zu lösen?
Maurice Högel: Der vzbv hat hier klare Vorschläge gemacht, die ich voll unterstütze. Zum einen müssen Inkassokosten gedeckelt werden – beispielsweise sollte bei Schulden bis 200 Euro eine maximale Gebühr von 15 Euro eingeführt werden. Zum anderen muss es verboten werden, Ratenzahlungsvereinbarungen mit Schuldanerkenntnissen oder anderen nachteiligen Regelungen zu verknüpfen. Das sind einfache, aber wirkungsvolle Maßnahmen, die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen und zugleich die Geschäftspraktiken in der Branche fairer machen würden.
Redaktion: Halten Sie es für realistisch, dass diese Forderungen umgesetzt werden?
Maurice Högel: Ich bin optimistisch, denn der Druck aus der Öffentlichkeit und von Verbraucherschutzorganisationen wächst. Das Thema Inkasso betrifft viele Menschen direkt, und die Politik kann sich diesem Problem nicht dauerhaft entziehen. Die zentrale Aufsicht durch das Bundesamt für Justiz ist ein wichtiger Schritt, aber es braucht klare gesetzliche Regelungen, um langfristig faire Bedingungen zu schaffen.
Redaktion: Herr Högel, vielen Dank für das Gespräch.
Maurice Högel: Ich danke Ihnen!