Neue Enthüllungen werfen ein düsteres Licht auf die Vergangenheit der Credit Suisse und ihrer Verbindungen zu Nazi-Konten während des Zweiten Weltkriegs. Ein Untersuchungskomitee des US-Senats hat gestern (Ortszeit) bekanntgegeben, dass zehntausende neu entdeckte historische Dokumente belegen, dass Kontoinhaber der ehemaligen Schweizer Großbank enge Verbindungen zum nationalsozialistischen Regime hatten. Diese Erkenntnisse werfen erneut die Frage auf, ob Schweizer Banken durch verschwiegenes Vermögen reich wurden – eine Debatte, die bereits in den 1990er Jahren für Schlagzeilen sorgte.
Verschwiegene Dokumente: Der Schatten der Vergangenheit
Laut den Ergebnissen der US-Senatsuntersuchungen hat Credit Suisse während früherer Ermittlungen in den 1990er Jahren entscheidende Informationen zurückgehalten. Konkret handelt es sich um 3.600 Schriftstücke und 40.000 Mikrofilme, die erst durch die jüngste Untersuchung unter der Leitung des ehemaligen US-Staatsanwalts Neil Barofsky ans Licht gebracht wurden.
Barofsky, der 2022 von der Credit Suisse als Ombudsmann entlassen wurde, bevor er nach der Übernahme der Bank durch die UBS im Jahr 2023 wieder eingesetzt wurde, beschuldigt die Credit Suisse, entscheidende Beweise zu Nazi-Verbindungen und gestohlenem jüdischem Vermögen verschwiegen zu haben.
Verbindungen zur „Amerikanischen Schwarzen Liste“
Ein zentrales Detail der neuen Enthüllungen ist die Existenz von Konten, die in den historischen Dokumenten mit dem Vermerk „Amerikanische Schwarze Liste“ abgestempelt wurden. Dieses Register wurde von den Alliierten geführt, um Personen und Unternehmen zu kennzeichnen, die mit den Achsenmächten – Deutschland, Italien und Japan – in Verbindung standen.
Neil Barofsky schilderte in einem Brief an die Credit Suisse, dass mindestens eines der gekennzeichneten Dokumente eine Einheit betrifft, die offenbar am Verkauf geplünderten jüdischen Vermögens beteiligt war. Die Beweise deuten auf weitreichende wirtschaftliche Verstrickungen hin, die bislang nicht vollständig aufgeklärt wurden.
Aufforderung zur Transparenz
Das US-Senatskomitee hat die Credit Suisse und ihre neue Muttergesellschaft UBS aufgefordert, alle noch vorhandenen Informationen zu historischen Verbindungen zum nationalsozialistischen Regime offenzulegen. Ein Sprecher der UBS erklärte gegenüber der Nachrichtenagentur AFP, dass das Unternehmen sich bemühe, sämtliche historischen Dokumente bereitzustellen. Die Ermittlungen des US-Senats dauern jedoch an, und es bleibt unklar, wie weitreichend die Zusammenarbeit mit den Ermittlern tatsächlich sein wird.
Ein langer Schatten: Holocaust-Entschädigungen und anhaltende Vorwürfe
Bereits 1998 hatte die Credit Suisse zusammen mit der UBS und anderen Schweizer Unternehmen einer Entschädigungssumme von 1,25 Milliarden US-Dollar zugestimmt, um Holocaust-Opfer zu entschädigen. Die damalige Vereinbarung entstand, nachdem zahlreiche Opfer und deren Nachkommen die Banken beschuldigt hatten, gestohlenes jüdisches Vermögen zurückzuhalten und systematisch zu verschleiern.
Obwohl diese Zahlung als historisches Signal der Wiedergutmachung galt, blieben die Vorwürfe bestehen, dass die Banken nicht vollständig über ihre Nazi-Verbindungen aufgeklärt hätten. Die jüngsten Enthüllungen scheinen diese Vorwürfe nun zu untermauern und werfen Fragen nach der Rolle der Schweizer Banken in der Geschichte auf.
UBS und Credit Suisse: Ein schwieriges Erbe
Die Credit Suisse, die 2023 nach einer Reihe von Skandalen und Finanzierungsproblemen von der UBS übernommen wurde, sieht sich nun erneut mit ihrer belasteten Vergangenheit konfrontiert. Die UBS steht als Nachfolgeinstitut vor der Herausforderung, das historische Erbe ihrer neuen Tochtergesellschaft aufzuarbeiten und gleichzeitig Transparenz gegenüber internationalen Ermittlern zu zeigen.
Die Enthüllungen kommen zu einem heiklen Zeitpunkt, da die UBS versucht, die durch die Übernahme entstandenen Probleme zu lösen und das Vertrauen ihrer Kunden zurückzugewinnen. Wie sich die neuen Ermittlungen auf das Image der Bank auswirken werden, bleibt abzuwarten.
Fazit
Die Enthüllungen über die verschwiegenen Dokumente der Credit Suisse werfen ein neues Licht auf die historische Rolle der Schweizer Banken während des Zweiten Weltkriegs. Die Frage, ob Schweizer Banken durch verschwiegenes Nazi-Vermögen reich wurden, bleibt auch Jahrzehnte nach den ersten Ermittlungen brisant. Die neuesten Erkenntnisse zeigen, dass die vollständige Aufarbeitung dieser dunklen Kapitel der Geschichte noch längst nicht abgeschlossen ist.
Für die UBS und die Credit Suisse bedeutet dies eine immense Herausforderung, nicht nur mit der Vergangenheit, sondern auch mit der öffentlichen Wahrnehmung und dem Druck internationaler Institutionen umzugehen. Die kommenden Monate könnten entscheidend sein, um zu zeigen, wie ernsthaft Schweizer Banken bereit sind, sich mit ihrer Vergangenheit auseinanderzusetzen.