Südkoreanische Polizeikräfte haben nach einem sechs Stunden andauernden Patt mit dem Sicherheitsteam von Präsident Yoon Suk Yeol den Versuch abgebrochen, den suspendierten Staatschef festzunehmen.
Yoon steht unter Verdacht, seine Macht missbraucht und einen Aufstand angestiftet zu haben, als er Anfang Dezember versuchte, das Kriegsrecht auszurufen. Dieser Schritt, der nur von kurzer Dauer war, löste eine politische Krise aus, die in seiner Amtsenthebung durch das oppositionell dominierte Parlament und seiner Suspendierung endete.
Ein Gericht in Seoul hatte Anfang dieser Woche einen Haftbefehl gegen Yoon erlassen, nachdem er drei Vorladungen zur Befragung ignoriert hatte.
Eskalation vor der Residenz
Bereits am frühen Freitagmorgen reihten sich Dutzende Polizeifahrzeuge vor Yoons Residenz im Zentrum von Seoul auf. Gegen 08:00 Uhr Ortszeit begann ein 20-köpfiges Team aus Polizisten und Mitgliedern des Büros für Korruptionsermittlung (CIO) mit dem Versuch, das Gelände zu betreten.
Das Team wuchs rasch auf etwa 150 Personen an, wurde jedoch zahlenmäßig übertroffen. Etwa die Hälfte der Einsatzkräfte konnte das Gelände betreten, fand sich jedoch in einer stundenlangen Konfrontation mit Yoons Sicherheitsteam wieder. Dieses ist trotz der Suspendierung des Präsidenten weiterhin für dessen Schutz verantwortlich. Unterstützt wurden sie von einer Militäreinheit, die für die Sicherheit der Stadt Seoul zuständig ist.
Die Sicherheitskräfte bildeten eine menschliche Barrikade und nutzten Fahrzeuge, um den Weg der Verhaftungseinheit zu blockieren. Laut Berichten der Nachrichtenagentur Yonhap kam es zu direkten Auseinandersetzungen zwischen den Sicherheitskräften und dem CIO-Team.
Ein Sprecher des Vereinigten Generalstabs in Seoul erklärte, dass es zu einer „Konfrontation mit dem CIO in der Residenz des Präsidenten“ gekommen sei.
Entscheidung zum Abbruch
Das Büro für Korruptionsermittlung erklärte schließlich, dass die Verhaftung unter den aktuellen Umständen „praktisch unmöglich“ sei. Man werde die nächsten Schritte nach einer sorgfältigen Prüfung entscheiden.
In einer Erklärung äußerte das CIO Bedauern über Yoons „Weigerung, sich dem rechtlichen Verfahren zu stellen“, und führte Sicherheitsbedenken für das Team vor Ort als weiteren Grund für den Abbruch der Aktion an.
Yoons Anhänger, die seit Tagen vor seiner Residenz kampieren, feierten die Entscheidung mit Gesängen und Tänzen. „Wir haben gewonnen!“, skandierten sie.
Rechtliche und politische Implikationen
Der ehemalige Generalstaatsanwalt Yoon nutzt offenbar legale Schlupflöcher zu seinem Vorteil, was Experten nicht überrascht. Der aktuelle Haftbefehl läuft am 6. Januar ab, was bedeutet, dass ein weiterer Verhaftungsversuch vor Ablauf dieser Frist möglich ist. Alternativ könnte ein neuer Haftbefehl beantragt werden.
Währenddessen hat die Polizei ein Strafverfahren gegen den Leiter von Yoons Sicherheitsdienst und dessen Stellvertreter eingeleitet und diese zur Vernehmung vorgeladen. Yoons Anwalt Yoon Gab-keun erklärte, dass er rechtliche Schritte gegen den Haftbefehl einleiten werde, da die Ermittler nicht befugt seien, Yoon festzunehmen.
Kritik aus der Opposition
Park Chan-dae, Fraktionsführer der oppositionellen Demokratischen Partei, warf Yoon vor, sein Versprechen, die rechtlichen und politischen Konsequenzen seines gescheiterten Kriegsrechtsversuchs zu tragen, gebrochen zu haben. Er forderte das CIO auf, noch am selben Tag einen erneuten Verhaftungsversuch zu starten.
Die politische Instabilität in Südkorea hält seit Yoons gescheitertem Kriegsrechtsversuch am 3. Dezember an. Die Opposition hatte bereits am 14. Dezember erfolgreich für seine Amtsenthebung gestimmt.
Am Freitag wurden auch der Armeechef Park An-su, der während der kurzen Kriegsrechtserklärung zum Kommandanten ernannt wurde, sowie der Kommandeur der Spezialeinheiten, Kwak Jong-geun, wegen Anstiftung zum Aufstand angeklagt. Beide sollen in Untersuchungshaft auf ihren Prozess warten.
Fazit
Der gescheiterte Verhaftungsversuch von Präsident Yoon Suk Yeol verdeutlicht die politische und rechtliche Krise in Südkorea. Der Fall wirft nicht nur Fragen zu den Kompetenzen des CIO auf, sondern zeigt auch die tiefen Gräben in der südkoreanischen Gesellschaft. Die kommenden Tage werden entscheidend sein, um zu klären, ob Yoon trotz massiven Widerstands zur Rechenschaft gezogen werden kann.