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Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev: Worauf sollte man bei Finfluencern achten?

styles66 (CC0), Pixabay

Interviewer: Frau Bontschev, Finfluencer sind heutzutage ein großer Trend, besonders bei jüngeren Anlegern. Viele Menschen informieren sich über soziale Medien zu Finanzthemen. Worauf sollten Anleger achten, wenn sie Finfluencern folgen?

Kerstin Bontschev: Vielen Dank für die Einladung! Der erste und wichtigste Punkt ist, sich bewusst zu machen, dass Finfluencer in den meisten Fällen keine lizenzierten Finanzberater sind. Ihre Inhalte basieren oft auf persönlichen Meinungen oder Erfahrungen, nicht auf professioneller Beratung. Anleger sollten daher immer kritisch hinterfragen, ob die Ratschläge fundiert sind und zu ihrer eigenen finanziellen Situation passen.

Interviewer: Wie erkennt man, ob ein Finfluencer seriös ist?

Kerstin Bontschev: Es gibt mehrere Hinweise. Ein seriöser Finfluencer wird:

  1. Transparenz über Interessenkonflikte zeigen: Offenlegen, ob sie für die Bewerbung eines Produkts bezahlt werden oder finanziell davon profitieren.
  2. Keine unrealistischen Versprechen machen: Aussagen wie „Garantierte Gewinne“ oder „Risikofrei investieren“ sind ein rotes Tuch.
  3. Klar auf Risiken hinweisen: Besonders bei komplexen Produkten wie Derivaten oder Kryptowährungen sollte auf Risiken eingegangen werden.
  4. Fakten und Quellen nennen: Ein seriöser Finfluencer stützt seine Aussagen auf überprüfbare Daten und verweist auf vertrauenswürdige Quellen.

Interviewer: Viele Finfluencer werben für Finanzprodukte oder -plattformen. Ist das rechtlich unproblematisch?

Kerstin Bontschev: Das hängt stark davon ab, wie die Werbung gestaltet ist. In Deutschland gelten strenge Vorschriften, wenn es um Finanzberatung oder Werbung für Finanzprodukte geht. Wenn ein Finfluencer beispielsweise konkrete Handlungsempfehlungen gibt, könnte das als Anlageberatung eingestuft werden – und dafür braucht man eine Lizenz. Zudem müssen bezahlte Kooperationen deutlich gekennzeichnet werden, sonst handelt es sich um Schleichwerbung, was gegen das Wettbewerbsrecht verstößt.

Interviewer: Was sollten Anleger tun, bevor sie den Ratschlägen eines Finfluencers folgen?

Kerstin Bontschev:

  1. Eigene Recherche betreiben: Vertrauen Sie nicht blind auf die Aussagen eines Finfluencers. Prüfen Sie die vorgeschlagenen Produkte und Plattformen selbst.
  2. Professionelle Beratung einholen: Gerade bei größeren Investitionen ist es ratsam, einen lizenzierten Finanzberater zu konsultieren.
  3. Kritisch bleiben: Hinterfragen Sie, warum der Finfluencer dieses Produkt bewirbt. Ist es wirklich das Beste für Sie, oder steckt ein finanzielles Interesse dahinter?
  4. Kleingedrucktes lesen: Besonders bei Finanzplattformen oder neuen Produkten wie Kryptowährungen ist es wichtig, die Geschäftsbedingungen zu verstehen.

Interviewer: Gibt es rechtliche Konsequenzen für Finfluencer, wenn sie unseriöse Empfehlungen geben?

Kerstin Bontschev: Absolut. Wenn ein Finfluencer ohne entsprechende Lizenz Finanzprodukte bewirbt oder empfiehlt, kann dies rechtliche Folgen haben. Die BaFin oder andere Aufsichtsbehörden können einschreiten, und es drohen Geldstrafen oder sogar ein Berufsverbot. Auch zivilrechtlich könnten geschädigte Anleger Schadensersatzansprüche geltend machen.

Interviewer: Wie können Anleger sich selbst schützen, um nicht auf unseriöse Finfluencer hereinzufallen?

Kerstin Bontschev: Bilden Sie sich finanziell weiter und setzen Sie auf Diversifikation. Investieren Sie nie mehr, als Sie bereit sind, zu verlieren, und legen Sie besonderen Wert darauf, sich nicht von Versprechungen blenden zu lassen. Es ist besser, etwas Zeit in die eigene Recherche zu investieren, als später finanzielle Verluste zu erleiden.

Interviewer: Vielen Dank, Frau Bontschev, für die klaren und hilfreichen Hinweise.

Kerstin Bontschev: Sehr gerne, und denken Sie daran: Finanzielle Entscheidungen sollten immer mit Bedacht und Sorgfalt getroffen werden.

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