Dark Mode Light Mode

Kritische Analyse der Bilanz der DEGAG Deutsche Grundbesitz Holding AG zum Geschäftsjahr 2022

ASPhotohrapy (CC0), Pixabay

1. Finanzanlagen als Hauptbestandteil der Bilanz

Der größte Posten der Aktiva ist das Finanzanlagevermögen mit 182,98 Mio. EUR (Vorjahr: 164,26 Mio. EUR), was 85,6 % der gesamten Bilanzsumme ausmacht.

  • Kritikpunkt: Es wird nicht ersichtlich, wie diese Finanzanlagen konkret strukturiert sind und welche Risiken damit verbunden sind. Die Angabe, dass die Finanzanlagen „zu Anschaffungskosten“ bilanziert sind, lässt keine Rückschlüsse auf mögliche Wertminderungen oder Marktrisiken zu. Eine Überbewertung dieser Finanzanlagen könnte das Eigenkapital erheblich verzerren.
  • Frage: Wie werthaltig sind diese Finanzanlagen tatsächlich? Gibt es konkrete Sicherheiten oder eine nachhaltige Ertragskraft?

2. Genussrechtskapital mit Eigenkapitalcharakter

Das Genussrechtskapital wird in Höhe von 195,84 Mio. EUR (Vorjahr: 166,1 Mio. EUR) bilanziert und macht den Löwenanteil des ausgewiesenen Eigenkapitals aus.

  • Kritikpunkt: Obwohl das Genussrechtskapital bilanziell als Eigenkapital geführt wird, handelt es sich faktisch um Fremdkapital mit einer nachrangigen Stellung. Anleger, die dieses Kapital bereitgestellt haben, tragen ein hohes Risiko, da sie erst nach allen anderen Gläubigern bedient werden.
  • Risiko: Die DEGAG AG wäre ohne das Genussrechtskapital bilanziell überschuldet. Der „Jahresfehlbetrag“ von 2,01 Mio. EUR deutet zudem darauf hin, dass die laufenden Geschäftstätigkeiten nicht ausreichend profitabel sind, um eine langfristige Rückführung des Genussrechtskapitals sicherzustellen.
  • Frage: Wie werden die Genussrechtsanleger über die Risiken und die wirtschaftliche Lage informiert? Sind die Anleger ausreichend über die unsichere Rückzahlung ihres Kapitals aufgeklärt worden?

3. Hohe Forderungen und Vermögensgegenstände

Die Forderungen und sonstigen Vermögensgegenstände betragen 30,43 Mio. EUR (Vorjahr: 6,36 Mio. EUR) und haben sich damit fast verfünffacht.

  • Kritikpunkt: Es bleibt unklar, woraus diese Forderungen resultieren und ob sie werthaltig sind. Die Bilanz zeigt, dass 23,31 Mio. EUR eine Laufzeit von über einem Jahr haben. Das bedeutet, dass diese Mittel langfristig gebunden sind, was die Liquidität der DEGAG AG beeinträchtigen könnte.
  • Risiko: Eine mögliche Uneinbringlichkeit dieser Forderungen würde das Eigenkapital der Gesellschaft stark belasten.

4. Steigende Verbindlichkeiten

Die Verbindlichkeiten der Gesellschaft sind von 3,96 Mio. EUR im Vorjahr auf 18,5 Mio. EUR im Geschäftsjahr 2022 gestiegen – eine Zunahme von 367 %.

  • Kritikpunkt: Besonders auffällig ist, dass 13,26 Mio. EUR der Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen bestehen. Das deutet darauf hin, dass die DEGAG AG möglicherweise als interne Finanzierungsquelle innerhalb des Konzerns genutzt wird.
  • Frage: Welche Sicherheiten bestehen für diese Verbindlichkeiten? Sind sie marktgerecht verzinst?

5. Bürgschaften und Haftungsverhältnisse

Die DEGAG AG hat Bürgschaften in Höhe von 9,8 Mio. EUR übernommen und eine Rangrücktrittserklärung über 5 Mio. EUR abgegeben.

  • Kritikpunkt: Diese Haftungsverhältnisse belasten die Bonität der Gesellschaft und bergen zusätzliche Risiken, insbesondere wenn die Tochtergesellschaften, zugunsten derer die Bürgschaften ausgestellt wurden, zahlungsunfähig werden.

6. Mitarbeiter und operative Tätigkeit

Die Gesellschaft beschäftigte im Jahr 2022 durchschnittlich drei Mitarbeiter (Vorjahr: 0).

  • Kritikpunkt: Angesichts der Größe der Bilanzsumme und der zentralen Rolle der DEGAG AG innerhalb des Konzerns erscheint die Anzahl der Mitarbeiter extrem niedrig. Dies wirft Fragen zur tatsächlichen operativen Tätigkeit der Holding auf.
  • Frage: Wird die Gesellschaft tatsächlich operativ geführt, oder handelt es sich überwiegend um eine Kapitalverwaltungsgesellschaft?

7. Jahresfehlbetrag und wirtschaftliche Ertragskraft

Die DEGAG AG weist einen Jahresfehlbetrag von 2,01 Mio. EUR (Vorjahr: -92 TEUR) aus. Gleichzeitig hat sich die Bilanzsumme um 25,2 % erhöht.

  • Kritikpunkt: Der wachsende Fehlbetrag zeigt, dass die DEGAG AG keine ausreichenden Gewinne erwirtschaftet, um ihre Kosten und Verpflichtungen zu decken. Der Anstieg der Bilanzsumme durch Genussrechtskapital und Forderungen verschleiert diese Problematik.
  • Risiko: Die langfristige Ertragskraft der Gesellschaft ist fraglich, insbesondere wenn Genussrechtszahlungen fällig werden oder Forderungen ausfallen.

8. Transparenz der Finanzlage

Die Darstellung der finanziellen Lage in der Bilanz ist wenig transparent. Wichtige Details, wie etwa die genaue Zusammensetzung der Finanzanlagen oder die Sicherheiten für Forderungen, fehlen.

  • Kritikpunkt: Eine mangelnde Transparenz erschwert es externen Beobachtern – einschließlich Genussrechtsanlegern –, die tatsächliche wirtschaftliche Lage der DEGAG AG zu bewerten.

Fazit

Die Bilanz der DEGAG AG weist auf mehrere problematische Aspekte hin:

  1. Übermäßige Abhängigkeit vom Genussrechtskapital: Das vermeintliche Eigenkapital ist eigentlich Fremdkapital, das ein hohes Risiko für die Anleger birgt.
  2. Steigende Verbindlichkeiten und fragwürdige Forderungen: Die massive Erhöhung der Verbindlichkeiten und Forderungen ist kritisch zu hinterfragen.
  3. Fehlende Ertragskraft: Der Jahresfehlbetrag zeigt, dass die DEGAG AG ihre laufenden Kosten nicht decken kann.
  4. Mangelnde Transparenz: Es fehlen klare Angaben zur Werthaltigkeit der Vermögenswerte und zur Nutzung der finanziellen Mittel.

Die wirtschaftliche Lage der DEGAG AG erscheint angesichts dieser Punkte äußerst fragil. Anleger sollten sich der hohen Risiken bewusst sein, die mit einer Investition in Genussrechte dieser Gesellschaft verbunden sind. Zudem ist fraglich, ob die bisherigen und potenziellen Anleger ausreichend über die wirtschaftlichen Risiken aufgeklärt wurden.

Add a comment Add a comment

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Previous Post

Interview mit Rechtsanwältin Kerstin Bontschev zu den DEGAG-Bilanzen und hohen Vertriebskosten

Next Post

Über 100 Tote bei Flugzeugabsturz in Südkorea