Die Zinsen, die Banken ihren Kunden bieten, sinken immer weiter. Während Sparer früher noch von einem soliden Zinsertrag profitieren konnten, liegt der durchschnittliche Zinssatz heute oft bei nahe null. Viele Anleger suchen deshalb nach Alternativen, doch das birgt Gefahren: Schon in der Vergangenheit führten Niedrigzinsen dazu, dass Anleger ihr Geld in unsichere oder betrügerische Investments steckten. Besteht die Gefahr, dass sich diese Entwicklung wiederholt? Um diese Fragen zu klären, habe ich mit dem Kapitalmarktexperten Thomas Bremer gesprochen.
Frage: Herr Bremer, die Zinsen sind so niedrig wie nie zuvor. Welche Auswirkungen hat das Ihrer Meinung nach auf Anleger und Sparer?
Thomas Bremer: Die Auswirkungen sind enorm. Viele Menschen, die früher auf klassische Sparbücher, Tagesgeld oder Festgeld gesetzt haben, stellen fest, dass sie dort faktisch nichts mehr verdienen. Gleichzeitig nagt die Inflation an der Kaufkraft ihres Vermögens. Das frustriert natürlich und führt dazu, dass viele nach Alternativen suchen – aber leider nicht immer auf eine gut informierte Weise.
Frage: Was meinen Sie damit?
Thomas Bremer: In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass niedrige Zinsen Anleger oft in riskante oder schlecht regulierte Anlageprodukte treiben. Denken Sie an Schneeballsysteme, undurchsichtige Fonds oder Kryptowährungen, die in manchen Fällen von Betrügern genutzt wurden. Diese Produkte versprechen oft hohe Renditen, aber die Risiken werden verschleiert oder unterschätzt. Für unerfahrene Anleger kann das katastrophale Folgen haben.
Frage: Glauben Sie, dass uns eine ähnliche Entwicklung wie vor einigen Jahren droht, als viele Anleger ihr Geld in unseriöse Angebote investierten?
Thomas Bremer: Ja, das Risiko besteht definitiv. Die Situation ist heute sogar noch prekärer, weil die Niedrigzinsphase inzwischen viele Jahre andauert. Menschen sind zunehmend verzweifelt, weil sie merken, dass sie mit herkömmlichen Sparprodukten langfristig Kaufkraft verlieren. Diese Verzweiflung macht sie anfällig für Angebote, die „zu gut, um wahr zu sein“ klingen.
Frage: Was raten Sie Anlegern, die ihr Geld schützen und dennoch eine gewisse Rendite erzielen möchten?
Thomas Bremer: Zunächst einmal ist es wichtig, sich umfassend zu informieren und keine überstürzten Entscheidungen zu treffen. Eine gesunde Diversifikation des Portfolios ist entscheidend: Das bedeutet, nicht alles auf eine Karte zu setzen, sondern verschiedene Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Immobilien oder auch ETFs zu nutzen. Auch sollte man bei Angeboten, die unrealistisch hohe Renditen versprechen, immer skeptisch sein. Es gilt der Grundsatz: Hohe Renditen bedeuten immer auch hohe Risiken.
Frage: Wie können sich Anleger vor betrügerischen oder unseriösen Investments schützen?
Thomas Bremer: Ein guter erster Schritt ist, die Seriosität eines Anbieters zu prüfen. Gibt es klare Informationen über das Unternehmen? Ist es reguliert? Seriöse Anbieter verstecken sich nicht und bieten transparente Informationen zu ihren Produkten. Außerdem sollten Anleger niemals unter Zeitdruck investieren. Wenn ein Angebot „nur heute“ oder „nur für wenige Stunden“ gilt, ist das oft ein Warnsignal. Und natürlich kann es helfen, sich von einem unabhängigen Finanzberater beraten zu lassen.
Frage: Niedrigzinsen scheinen uns noch lange zu begleiten. Sehen Sie in diesem Umfeld auch Chancen für private Anleger?
Thomas Bremer: Absolut! Die niedrigen Zinsen sind zwar für konservative Sparer eine Herausforderung, aber sie eröffnen auch Möglichkeiten. Der Aktienmarkt beispielsweise bleibt attraktiv, gerade wenn man langfristig denkt. Auch ETFs, also börsengehandelte Indexfonds, sind für viele Anleger eine gute Option, um breit gestreut und kosteneffizient zu investieren. Wichtig ist, dass man Geduld hat und nicht versucht, den Markt kurzfristig zu schlagen.
Frage: Zum Abschluss: Was ist Ihr wichtigster Rat für Anleger in der aktuellen Niedrigzinsphase?
Thomas Bremer: Bleiben Sie ruhig und vermeiden Sie Panik. Es ist verständlich, dass die niedrigen Zinsen frustrierend sind, aber überstürzte Entscheidungen führen oft in die falsche Richtung. Setzen Sie auf eine breite Streuung, investieren Sie langfristig und vor allem: Machen Sie sich schlau. Die beste Absicherung gegen Betrug und Fehlentscheidungen ist Wissen.
Vielen Dank, Herr Bremer, für das Gespräch!
Fazit:
Die niedrigen Zinsen stellen Anleger vor große Herausforderungen, doch mit der richtigen Strategie können sie diese auch als Chance nutzen. Dabei gilt es, geduldig und informiert zu handeln – und sich von unrealistisch klingenden Versprechungen nicht blenden zu lassen.