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Unseriöse Anbieter erkennen

Clker-Free-Vector-Images (CC0), Pixabay

Redakteur: Frau Bontschev, vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, um mit uns über unseriöse Geldanlageangebote zu sprechen. Immer wieder geraten Anlegerinnen und Anleger an zweifelhafte Anbieter. Warum ist es für viele so schwer, diese zu erkennen?

Kerstin Bontschev: Vielen Dank für die Einladung. Es ist tatsächlich schwierig, unseriöse Anbieter auf den ersten Blick zu erkennen, weil sie oft sehr professionell auftreten. Sie verwenden Hochglanzbroschüren, gut gestaltete Webseiten oder werben mit scheinbar glaubwürdigen Versprechen wie hohen Renditen, Sicherheit und einem „einmaligen“ Angebot. Das Problem ist, dass viele Menschen nicht genau wissen, worauf sie achten müssen – und die Anbieter setzen genau darauf. Sie spielen mit der Angst vor Geldverlust, dem Wunsch nach finanzieller Sicherheit oder dem Traum vom schnellen Reichtum.

Redakteur: Was sind denn die häufigsten Warnsignale, die auf einen unseriösen Anbieter hinweisen?

Kerstin Bontschev: Es gibt eine ganze Reihe von Warnsignalen, die Anleger unbedingt ernst nehmen sollten:

Unerwünschte Kontaktaufnahme: Wenn Sie unaufgefordert per Telefon oder E-Mail kontaktiert werden, sollten Sie skeptisch sein. Solche sogenannten „Cold Calls“ sind in Deutschland verboten und oft der erste Schritt in Richtung Betrug.

Unrealistisch hohe Renditeversprechen: Wenn Ihnen außergewöhnlich hohe Zinsen oder Gewinne in Aussicht gestellt werden, die weit über dem Marktniveau liegen, ist das ein klarer Hinweis auf ein unseriöses Angebot. Die Regel lautet: Je höher die versprochene Rendite, desto größer das Risiko, bis hin zum Totalverlust.

Zeitdruck: Werden Sie gedrängt, schnell zu investieren, weil das Angebot angeblich nur für kurze Zeit verfügbar ist? Das ist oft ein Trick, um Sie daran zu hindern, das Angebot genauer zu prüfen. Seriöse Anbieter setzen niemanden unter Druck.

Komplizierte oder unklare Produkte: Wenn der Anbieter das Investment nicht verständlich erklären kann oder die Funktionsweise verschleiert, sollten Sie die Finger davon lassen. Man sollte nie „die Katze im Sack“ kaufen – und das gilt besonders für Geldanlagen.

Überweisungen ins Ausland: Sollten Sie Geld ins Ausland überweisen müssen, insbesondere außerhalb Europas, ist Vorsicht geboten. Häufig ist es schwer oder unmöglich, das Geld zurückzubekommen, wenn etwas schiefgeht.

Lockangebote wie „Investieren Sie nur einen kleinen Betrag“: Manche Anbieter ködern Anleger mit kleinen Probeinvestments, die zunächst scheinbar Gewinne bringen. Danach werden Sie aufgefordert, mehr Geld einzuzahlen – und genau das führt oft zum Verlust Ihres Kapitals.

Redakteur: Gibt es typische Maschen oder Vorgehensweisen, die Sie immer wieder beobachten?

Kerstin Bontschev: Ja, leider gibt es einige Betrugsstrategien, die immer wieder vorkommen:

Schneeballsysteme: Hier werden die Einlagen neuer Anleger verwendet, um die Renditen der alten Anleger zu zahlen. Solche Systeme brechen früher oder später zusammen, weil sie nicht auf echten Gewinnen basieren. Die meisten Teilnehmer verlieren am Ende ihr Geld.
Falsche Aktienempfehlungen: Oft werden wertlose Aktien als „Geheimtipp“ verkauft, begleitet von angeblich glaubwürdigen Erfolgsgeschichten. In Wahrheit dienen diese Tipps nur dazu, den Preis der Aktien künstlich in die Höhe zu treiben, bevor die Betrüger aussteigen.
Unklare Vertragsbedingungen: Häufig werden Anleger dazu gebracht, mehrjährige Verträge abzuschließen, bei denen der vorzeitige Ausstieg entweder unmöglich oder mit hohen Kosten verbunden ist. Das Geld ist dann oft über Jahre gebunden.

Redakteur: Viele unseriöse Anbieter werben mit der Aufsicht durch die BaFin, um Seriosität zu suggerieren. Was steckt dahinter?

Kerstin Bontschev: Das ist eine beliebte Täuschungsstrategie. Es stimmt zwar, dass die BaFin Unternehmen beaufsichtigt und Prospekte prüft, aber die Prüfung ist auf Vollständigkeit, Verständlichkeit und innere Widerspruchsfreiheit beschränkt. Die BaFin bewertet nicht die Seriosität oder die Erfolgsaussichten des Produkts. Manchmal wird auch mit einem „zugelassenen Prospekt“ geworben, um eine Genehmigung der BaFin vorzutäuschen. Das ist irreführend und kann Anleger in falscher Sicherheit wiegen.

Redakteur: Sie haben gerade Schneeballsysteme erwähnt. Wie können Anleger solche Systeme erkennen?

Kerstin Bontschev: Schneeballsysteme zu erkennen, ist nicht einfach, weil sie oft gut verschleiert werden. Ein typisches Merkmal ist jedoch, dass die Renditen nicht aus echten Investitionen stammen, sondern aus den Einlagen neuer Teilnehmer. Ein weiteres Warnsignal sind ungewöhnlich hohe Renditeversprechen ohne plausible Erklärung, wie diese Gewinne erzielt werden sollen. Schneeballsysteme brechen irgendwann zusammen, weil sie nur funktionieren, solange neue Teilnehmer einzahlen. Leider sind dann oft die meisten Anleger die Verlierer.

Redakteur: Wo können sich Anleger vorab über Anbieter informieren?

Kerstin Bontschev: Es gibt mehrere Möglichkeiten:

Die BaFin-Datenbank: Hier kann man nachsehen, ob ein Anbieter eine Lizenz hat. Aber wie gesagt, eine Lizenz garantiert keine Seriosität.
Verbraucherzentralen: Sie bieten umfangreiche Informationen und Warnungen vor unseriösen Anbietern.
Suchmaschinen: Eine schnelle Internetrecherche kann Hinweise auf zweifelhafte Anbieter geben, etwa Warnungen oder negative Erfahrungsberichte.
Wertpapier- oder Verkaufsprospekte: Diese enthalten wichtige Informationen über Risiken und den Anbieter. Lesen Sie diese Unterlagen immer gründlich.

Redakteur: Was sollten Anleger tun, wenn sie bereits auf einen unseriösen Anbieter hereingefallen sind?

Kerstin Bontschev: Zunächst einmal sollten sie keine weiteren Zahlungen leisten und den Anbieter schriftlich auffordern, das Geld zurückzuzahlen. Außerdem sollten sie die Polizei, die BaFin oder eine Verbraucherzentrale einschalten. Oft lohnt es sich auch, einen Anwalt hinzuzuziehen, um die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen. Wichtig ist, dass man schnell handelt, denn je länger man wartet, desto schwieriger wird es, das Geld zurückzubekommen.

Redakteur: Viele Menschen suchen in Krisenzeiten nach sicheren Geldanlagen. Was raten Sie diesen Anlegern?

Kerstin Bontschev: Mein Rat ist: Gehen Sie kein Risiko ein, das Sie sich nicht leisten können. Informieren Sie sich gründlich über den Anbieter und das Produkt, bevor Sie investieren. Prüfen Sie, ob die versprochenen Renditen realistisch sind, und setzen Sie niemals alles auf eine Karte. Eine breite Streuung Ihres Kapitals ist der beste Schutz. Und vor allem: Hören Sie auf Ihr Bauchgefühl. Wenn etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, ist es das in der Regel auch.

Redakteur: Frau Bontschev, vielen Dank für Ihre ausführlichen und hilfreichen Antworten.

Kerstin Bontschev: Sehr gerne. Es ist mir ein Anliegen, Anleger vor Verlusten zu schützen und dabei zu helfen, informierte Entscheidungen zu treffen.

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