Die Bilanz der DEGAG Deutsche Grundbesitz Holding AG zum Geschäftsjahr 2022 bietet interessante Einblicke in die finanzielle Situation des Unternehmens. Aus der Sicht eines Anlegers ergeben sich sowohl Stärken als auch potenzielle Risiken, die im Folgenden analysiert werden:
1. Überblick der Vermögens- und Finanzlage
Anlagevermögen (182,99 Mio. EUR, +11 % im Vergleich zu 2021):
- Der Großteil des Anlagevermögens besteht aus Finanzanlagen (182,98 Mio. EUR). Dies deutet darauf hin, dass die DEGAG ihr Geschäft stark auf Beteiligungen und Finanzinvestitionen stützt, anstatt auf Sachanlagen.
- Risiko: Die Abhängigkeit von Finanzanlagen birgt potenzielle Schwankungen im Unternehmenswert, da dieser von der Bewertung der Beteiligungen abhängt.
Umlaufvermögen (30,75 Mio. EUR, +375 % im Vergleich zu 2021):
- Ein deutlicher Anstieg, insbesondere bei den Forderungen und sonstigen Vermögensgegenständen (30,43 Mio. EUR), könnte auf vermehrte Außenstände oder Darlehen hindeuten.
- Die Barmittel (320.389 EUR) sind jedoch im Verhältnis zur Bilanzsumme gering, was auf eine niedrige Liquidität hinweist.
Eigenkapital (193,97 Mio. EUR, +17 % im Vergleich zu 2021):
- Genussrechtskapital (195,84 Mio. EUR) bildet den größten Teil des Eigenkapitals. Da Genussrechte meist als nachrangige Mittel klassifiziert sind, können Zahlungen an Anleger in schwierigen Zeiten ausgesetzt werden.
- Der Jahresfehlbetrag von 2,01 Mio. EUR trübt das Bild etwas, zeigt jedoch keinen dramatischen Verlust.
Fremdkapital (19,79 Mio. EUR):
- Verbindlichkeiten (18,5 Mio. EUR): Deutlicher Anstieg (+367 %), vor allem durch höhere Schulden gegenüber verbundenen Unternehmen (13,26 Mio. EUR).
- Rückstellungen (1,29 Mio. EUR): Steigerung, jedoch in moderatem Umfang.
2. Wesentliche Kennzahlen und Entwicklungen
Positiv:
- Wachstum des Anlage- und Umlaufvermögens: Das Unternehmen hat seine Vermögensbasis erweitert, was auf Expansion oder neue Investitionen hindeutet.
- Erhöhung des Genussrechtskapitals (+29,74 Mio. EUR): Dies zeigt Vertrauen von Anlegern oder institutionellen Investoren, die Genussrechte gezeichnet haben.
Negativ/Potenzielle Risiken:
- Hohe Abhängigkeit von Genussrechtskapital: Das Eigenkapital basiert nahezu ausschließlich auf Genussrechten, die Nachrangigkeit und Zahlungsaufschubsklauseln beinhalten. Dies könnte bei Problemen die Rückflüsse für Anleger gefährden.
- Niedrige Liquidität: Der geringe Kassenbestand von nur 320.389 EUR könnte die kurzfristige Zahlungsfähigkeit einschränken.
- Hohe Verbindlichkeiten gegenüber verbundenen Unternehmen: Diese Verbindlichkeiten (13,26 Mio. EUR) deuten auf eine interne Abhängigkeit und mögliche finanzielle Risiken bei den Tochtergesellschaften hin.
3. Tochtergesellschaften und Beteiligungen
Die beiden Tochtergesellschaften (DEGAG Investment GmbH und DEGAG Wohnungsunternehmen GmbH) weisen geringe Eigenkapitalquoten und negative Ergebnisse auf:
- DEGAG Investment GmbH: Eigenkapital 145.000 EUR, Verlust 1.600 EUR.
- DEGAG Wohnungsunternehmen GmbH: Eigenkapital 92.900 EUR, Verlust 8.700 EUR.
Bewertung: Beide Tochtergesellschaften scheinen nicht in der Lage zu sein, substanzielle Gewinne zu erwirtschaften, was die Stabilität der Holding beeinflussen könnte.
4. Rechtliche und wirtschaftliche Risiken
Genussrechte und Nachrangklauseln:
- Genussrechte bieten Anlegern oft hohe Renditen, sind aber mit Risiken behaftet. Laut Bilanz hat die DEGAG die Möglichkeit, Zahlungen auszusetzen, wenn diese die wirtschaftliche Stabilität gefährden könnten. Dies könnte Anleger in Krisenzeiten vor Rückflusssperren stellen.
Haftungsverhältnisse:
- Bürgschaften in Höhe von 9,8 Mio. EUR und eine Rangrücktrittserklärung über 5 Mio. EUR zeigen zusätzliche Verpflichtungen, die bei Problemen belasten könnten.
Ergebnisentwicklung:
- Der Jahresfehlbetrag von 2,01 Mio. EUR ist überschaubar, deutet jedoch darauf hin, dass das Unternehmen derzeit keine Gewinne erwirtschaftet.
5. Handlungsempfehlungen für Anleger
Stärken:
- Die DEGAG zeigt Wachstumsambitionen und eine starke Basis durch Genussrechtskapital.
- Die Erweiterung des Anlage- und Umlaufvermögens deutet auf Expansion hin.
Risiken:
- Zahlungsaussetzungen möglich: Anleger sollten die vertraglichen Bedingungen ihrer Genussrechte prüfen, insbesondere Nachrangklauseln.
- Abhängigkeit von Tochtergesellschaften: Die schwache Finanzlage der Tochterunternehmen könnte die Erträge der Holding belasten.
- Niedrige Liquidität: Es bleibt abzuwarten, ob die DEGAG ihre kurzfristigen Verbindlichkeiten bei möglichen Zahlungsaussetzungen problemlos decken kann.
Empfehlung:
- Anleger sollten Ruhe bewahren, jedoch wachsam bleiben und die finanzielle Entwicklung der DEGAG im Auge behalten.
- Eine rechtliche Prüfung der Genussrechtsverträge ist sinnvoll, insbesondere, um die Absicherung und Rückflussbedingungen zu verstehen.
- Bei Unsicherheiten könnte eine Abstimmung mit einem Rechtsanwalt für Anlegerrecht helfen, um etwaige Risiken zu bewerten und Handlungsoptionen abzuwägen.
6. Fazit
Die Bilanz der DEGAG zeigt ein wachstumsorientiertes Unternehmen mit erheblichen Verpflichtungen und einer hohen Abhängigkeit vom Genussrechtskapital. Für Anleger bleibt das Engagement mit Chancen, aber auch signifikanten Risiken verbunden. Während die finanzielle Basis ausgebaut wurde, sollte insbesondere die Zahlungsfähigkeit bei Genussrechten und die Entwicklung der Tochtergesellschaften kritisch beobachtet werden.